NeXT – der goldene Flop

Geschrieben am 12.10.2018 von

Am 12. Oktober 1988 enthüllte Steve Jobs in San Francisco den Computer NeXT. Er stammte aus der gleichnamigen Firma, die Jobs 1985 nach seinem Weggang von Apple gegründet hatte. Der schwarze Würfel besaß überragende Grafik- und Multimedia-Fähigkeiten, er kostete aber 6.500 Dollar. Der NeXT verkaufte sich schlecht, hatte jedoch einen großen Einfluss auf die Computerentwicklung.

Die Geschichte ist bekannt, und wir haben sie schon erzählt. Am 17. September 1985 zog sich Apple-Mitgründer Steve Jobs nach langem Machtkampf im Top-Management aus der Firma zurück. Eine Woche später startete er die nächste: Next Incorporated. In den ersten Monaten beherbergte die Villa von Jobs in der kalifornischen Gemeinde Woodsidewar die Zentrale. 1986 bezog das Unternehmen ein Gebäude im Silicon-Valley-Ort Palo Alto. Im 1. Stock lagen die Büros, im Erdgeschoss wurde eine Fertigung eingerichtet.

Das Produkt von Next war natürlich ein Computer. Als Zielgruppe fasste Steve Jobs die Studenten, Dozenten und Forscher der Hochschulen ins Auge. Der Next-Rechner sollte ihnen viel Speicherplatz, eine hohe Leistung, die beste Bild- und Tonwiedergabe und Netzwerk-Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Seine Mitarbeiter, zu Beginn gerade ein Dutzend, brachte Jobs von Apple mit. Unter ihnen waren auch einige Frauen wie die Finanzchefin Susan Barnes, die Designerin Susan Kare und die für Marketing zuständige Joanna Hoffman.

Im Mai 1985 kriselte es bei Apple schon. Zur Ablenkung flog Steve Jobs nach Europa; das Foto zeigt ihn im Deutschen Museum vor der Z4 von Konrad Zuse. Hinter Steve Jobs stehen Museumsdirektor Otto Mayr und Ralf Deja von Apple München. (Foto Deutsches Museum)

Zur Finanzierung verkaufte Steve Jobs seine Apple-Aktien und steckte sieben Millionen Dollar in das Computerprojekt. Zwanzig Millionen Dollar investierte 1987 der Texaner Ross Perot; er war durch das Softwarehaus EDS zum Milliardär geworden. Aus dem Geldtopf flossen 100.000 Dollar an den New Yorker Grafiker Paul Rand, der das Logo der Firma schuf. Die vermischten Groß- und Kleinbuchstaben führten im Firmennamen zur leicht abgeänderten Schreibweise NeXT. Diese werden wir ab jetzt auch verwenden.

Einen schönen Eindruck von den NeXT-Anfängen vermittelt ein Video, das wohl Ende 1985 geschnitten wurde. Damals saß die Firma noch im Haus von Steve Jobs. Zu Beginn trifft Paul Rand ein und erläutert das schon erwähnte Logo. Danach erleben wir das noch kleine und sehr junge Team bei Diskussionen über die Firmenstrategie. Haften bleiben der angedachte Verkaufspreis von 3.000 Dollar und Pläne für eine Markteinführung im Jahr 1987. Daraus sollte allerdings nichts werden.

Erst im Sommer 1988 ging der neue NeXT-Computer der Vollendung entgegen. Im Inneren operierte der Mikroprozessor 68030 von Motorola mit 32 Bit und einem Arbeitsspeicher von acht Megabyte. Statt einer Festplatte drehte sich eine magneto-optische Scheibe mit 5,25 Zoll Durchmesser und 256 Megabyte Inhalt. Beschrieben wurde sie per Magnetfeld und mit einem Laserstrahl, gelesen mit dem Laser allein. Der NeXT-Bildschirm maß eindrucksvolle 17 Zoll und enthielt 1120 mal 832 Pixel mit Graustufen.

Auf dem Monitor erschien die schönste Benutzeroberfläche, die bis dato erstellt wurde. Die Grundlage bildete das Betriebssystem NeXTStep. Ein Team um den technischen Direktor Avie Tevanian hatte es mit objektorientierter Programmierung geschaffen. Im Unterschied zur Programmierung mit Befehlen arbeitet die objektorientierte mit Software-Modulen, die aufeinander einwirken. Das Innenleben des NeXT steckte in einem schwarzen Würfel aus Magnesium mit 30,5 Zentimeter Kantenlänge, ein Entwurf des deutschen Formgestalters Hartmut Esslinger.

Der 1944 im Schwarzwald geborene Hartmut Esslinger ist ein Pionier des Computerdesigns. 2017 erhielt er die „World Design Medal“. (Foto: Jan Braun, HNF)

Das alles stellte Steve Jobs am Vor- und Nachmittag des 12. Oktober 1988 in San Francisco vor. Der Schauplatz war der Louise-Davies-Konzertsaal, der wegen seiner guten Akustik ausgewählt wurde. Wie der zweieinhalb Stunden lange Film zeigt, endete die Präsentation mit einem Duett von Musik machendem Computer und Geige spielendem Menschen, bitte zur Minute 1:59:00 springen. Den NeXT-Würfel, den Monitor und die Peripheriegeräte konnten die Besucher im Foyer genauer studieren.

Steve Jobs wiederholte die Show in den nächsten Tagen in weiteren Städten. Ausgeliefert wurde der NeXT aber erst 1989. Im September 1990 kam zum stolzen Preis von 9.999 Dollar der verbesserte NeXTCube heraus; er besaß nun auch eine Festplatte. Für den halben Preis gab es die NeXTstation im Pizzaschachtel-Format. Das lockte allerdings nur wenige Kunden an. Der NeXT blieb in allen Versionen ein Ladenhüter, verkauft wurden nur etwa 50.000 Stück.

1993 beendete Steve Jobs den Hardware-Bau und beschränkte sich auf die Produktion der Software NeXTStep. Warum wurde der Computer kein Erfolg? Er kam spät, er war teuer und hatte Konkurrenz. Im unteren Preissegment konnten die Kunden die Modelle von Amiga und Atari erwerben; sie enthielten ebenfalls leistungsstarke Motorola-Chips. In Universitäten und Forschungsinstituten eroberten die Systeme der Firma Sun eine starke Position. Daran hatte Sun-Mitgründer Andreas von Bechtolsheim einen beträchtlichen Anteil.

Die gute Nachricht ist, dass im Herbst 1990 ein NeXT-Würfel seinen Weg in das Genfer Kernforschungszentrum CERN fand. Auf ihm entwickelte der englische Informatiker Tim Berners-Lee das World Wide Web. Zu Weihnachten war es fertig, der Rest ist Geschichte. 1997 kaufte Apple die Firma NeXT. Steve Jobs kam mit und rettete Apple vor dem Untergang, wie im Blog geschildert. NeXTStep wurde zu den heutigen Apple-Betriebssystemen für Desktops und für Smartphones weiterentwickelt, und die sind nicht mehr gefloppt. Das Eingangsfoto zeigt den NeXT-Computer (Foto: Jan Braun, HNF).

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