O sole mio – Olivetti Divisumma 18
Geschrieben am 03.01.2023 von HNF
Wir starten das Blog-Jahr 2023 mit der vielleicht schönsten modernen Rechenmaschine. Die Olivetti Divisumma 18 kam vor fünfzig Jahren in den Verkauf; das unnachahmliche Design stammte von dem Architekten und Formgestalter Mario Bellini. Die Divisumma 18 enthielt Mikrochips, die Resultate wurden von einem Thermodrucker ausgegeben. Das Hauptmerkmal war die gelbe Gummihaut, die die Maschine umhüllte.
Im Blog behandelten wir bereits Schreibmaschinen von Olivetti wie die M1 von 1911 und die knallrote Valentine von 1969. Der Hersteller aus dem norditalienischen Ivrea baute auch Rechenmaschinen. Die erste, die MC 4S Summa, erschien im Jahr 1940; sie konnte aber nur addieren und subtrahieren. 1948 brachte Olivetti das Modell Divisumma 14 heraus. Sie hatte einen elektrischen Antrieb, beherrschte die vier Grundrechenarten und druckte die Ergebnisse auf einem Papierstreifen aus.
Der Konstrukteur der Maschine war Natale Capellaro, ihre Form schuf Marcello Nizzoli. Er gestaltete auch die Nachfolgerin Divisumma 24. Sie und die Schwestern Multisumma und Tetractys wurden bis in die 1970er-Jahre gefertigt. 1968 kam die Divisumma 26 GT mit etwas kantigeren Linien heraus. Dafür war der Olivetti-Designer Ettore Sottsass verantwortlich, dem wir die erwähnte Valentine verdanken. Seine Handschrift trägt außerdem die elegante Addiermaschine Summa 19.
Ein jüngerer Kollege von Sottsass war Mario Bellini. Er wurde am 1. Februar 1935 in Mailand geboren und absolvierte ein Studium der Architektur. Danach arbeitete er in diesem Fach; 1963 ging er zu Olivetti. Dort entwarf er das Design des Kleincomputers Programma 101 und anschließend das futuristische Terminal TCV 250. Bellini wirkte ebenso an der Entwicklung des elektronischen Tischrechners Logos 240 mit. Er wurde ab 1970 angeboten und enthielt schon viele integrierte Schaltungen.
Von den ICs war es nur ein kleiner Schritt zum Mikroprozessor. Zwei vom Typ SGS 2051A und 2052B steckten in jeder Divisumma 18. Olivetti brachte sie zur Jahreswende 1972/73 in den Handel, wir haben sie ins Eingangsbild gesetzt. Die Divisumma 18 war eine elektronische Vier-Spezies-Rechenmaschine mit einem integrierten Thermodrucker. Sie hatte eine Länge von 25 Zentimetern, mit Ladegerät für die Akkus 31 Zentimeter. Die Maschine eignete sich für die mobile Nutzung, zählte aber nicht zu den Taschenrechnern.
Ein mit der Divisumma vergleichbares Gerät war der Überall-Rechner der schwäbischen Firma Walther; es gab ihn 1972 in mehreren Versionen. Sie maßen 21 mal 15 Zentimeter und zeigten Zahlen mit Nixie-Röhren an. Wir sehen sofort die unterschiedlichen Design-Stile. Die Walther-Modelle sind eckig und praktisch, die Olivetti ist abgerundet und anschmiegsam. Und ein Geburtsort Ivrea klingt eben besser als Niederstotzingen. Doch vielleicht werden die ästhetischen Qualitäten der ETR 2 bis 5 eines Tages noch entdeckt.
Das Alleinstellungsmerkmal der Divisumma 18 war natürlich die sonnengelbe Gummihaut. Sie umhüllte die Tastatur mit Ausnahme des Ein-Aus-Schalters und des Wählers für die Zahl der Dezimalstellen. Mario Bellini übernahm das Prinzip ein Jahr später für das Tischmodell der Maschine. Sowohl die Divisumma 18 als auch die Divisumma 28 gelangten ins Museum of Modern Art in New York. 1987 widmete das MoMA Bellini eine Ausstellung, kurz vorher entstand ein Film über ihn. Selbstverständlich treffen wir die Divisumma 18.
Mario Bellini ist noch aktiv. Diese Seite – der Download kann etwas dauern – versammelt Arbeiten zur Architektur, das sind seine Designs und das seine Zeichnungen. Hier erleben wir eine Divisumma in Aktion, und hier geht es zur Gebrauchsanleitung. (Achtung, Seite 1 und 2 öffnen sich nicht.) Schließen wollen wir mit der Serie Mondbasis Alpha 1, im Original „Space: 1999“. Darin tritt ein Abkömmling der Divisumma auf, der – man staunt – aus der altindischen Sprache Sanskrit übersetzt. Die Olivetti-Szene dauert knapp zwei Minuten, die betreffende Fernsehfolge wurde aber erst 2013 bei uns ausgestrahlt.
Eine solche Divisumma 24 hatte ein Kollege in der Betriebsabrechnung in meiner Lehrzeit um 1970. Wir Lehrlinge machten uns gerne den Spaß, kurz vor Ende der Mittagspause eine vielstellige Division einzutippen. Die wuchtige Maschine ratterte minutenlang ohrenbetäubend, aber niemand der aus der Pause Zurückkommenden wagte, ihr den Stecker zu ziehen, aus Angst, die Mechanik könnte sich verklemmen.