Testsieger Commodore
Geschrieben am 24.10.2017 von HNF
Vor 33 Jahren eroberten die kleinen Rechner die Bundesrepublik. Im Heft vom Oktober 1984 brachte die Zeitschrift „test“ deshalb einen Vergleich von sieben Heimcomputern. Zwei Modelle erhielten das Prädikat mangelhaft, drei waren zufriedenstellend. Zwei Computer wurden mit gut bewertet. Einer war beim Abdruck des Tests nicht mehr im Handel, der andere aber ein bekanntes Fabrikat.
Im September 1961 erschien das erste Heft der DM, das einen neuen Typ von Publikation darstellte: die Test-Zeitschrift. In den Artikeln wurden Produkte unterschiedlicher Hersteller verglichen, die Otto Normalverbraucher und seine Familie interessierten. Am Schluss erhielten sie Bewertungen von „sehr empfehlenswert“ bis „vom Kauf abzuraten“. Am 26. März 1966 gesellte sich das ähnlich gesonnene Magazin test hinzu. Herausgeber war die Stiftung Warentest in Berlin.
In den darauffolgenden Jahren erarbeitete sich die Stiftung einen exzellenten Ruf. Ihre Testergebnisse wurden – sofern sie positiv ausfielen – von den betreffenden Firmen gern zitiert. Das „test“-Heft vom Oktober 1984 las mit besonderer Aufmerkamkeit die IT-Branche. Auf zehn Seiten verglichen die Prüfer sechs Heimcomputer der 8-bit-Klasse: Atari 600 XL, Commodore C64, Dragon 32, EACA Colour Genie, Sinclair ZX Spektrum und der TRS-80 Color Computer von Tandy. Dazu kam der Texas Instruments TI-99/4A mit 16-bit-Prozessor.
Solche Tests waren eigentlich nicht neu. Das 1978 gegründete Magazin CHIP suchte schon länger den Computer des Jahres in mehreren Kategorien. Neu war, dass eine respektable Zeitschrift wie „test“ den Vergleich unternahm. Sie hätte keinen besseren Zeitpunkt finden können. 1983 startete in Deutschland die Invasion der Heim- und Personal Computer. Der SPIEGEL brachte sechs Artikel zum Thema. Am Jahresende waren 200.000 Rechner verkauft. 1984 setzte sich der Trend fort, und jeder merkte, dass eine neue Zeit begann.
Die Tester des „test“ kauften im Herbst 1983 die sieben Computer sowie Drucker, Fernseher, einen Monitor und Kassettenrekorder zum Speichern von Programmen. Im Juli 1984 erfragten sie außerdem in 161 Geschäften den gerade gültigen Preis – damals wurden Heimcomputer von Monat zu Monat billiger. Die Prädikate lauteten sehr gut, gut, zufriedenstellend oder mangelhaft. Letzteres gab es, wenn die elektrische Sicherheit, die Rechenleistung oder die Bildqualität allzu schlecht ausfielen.
Im Oktober 1984 lagen die Testergebnisse schwarz auf weiß vor. Fangen wir unten an: Als mangelhaft erwies sich der Color Computer von Tandy, der bei der Hochspannungsprüfung durchfiel. Mängelexemplar Nr. 2 war wegen miserabler Bildqualität der oder das Colour Genie. Was nicht im „test“-Heft stand: Genie-Hersteller EACA aus Hongkong war seit Ende 1983 pleite. Der deutsche Importeur, die Firma Trommelschläger aus St. Augustin bei Bonn, zehrte längst von den Lagerbeständen. Die Achtziger waren schon wilde Jahre.
Das Schlusslicht der nur zufriedenstellenden Computer bildete der Sinclair ZX Spectrum. Veranwortlich dafür waren die Gummitasten, die wackeligen Stecker, die Handsteuerung des Kassettenrekorders und das fehlende Tonsignal. „Exotische, sehr gewöhnungsbedürftige Rechnerphilosophie“, tadelte „test“. Besser kam der Dragon 32 weg. Auch er wurde beim Erscheinen des Hefts aus dem Lager verkauft. Der walisische Hersteller Dragon Data war seit Juni 1984 insolvent; im November setzte eine spanische Firma die Fertigung fort.
Der Beste der Zufriedenstellenden war der Atari 600 XL. Unsere Zeitschrift bemängelte jedoch die schlechte Eignung für Textverarbeitung und die geringe Bildqualität. Auch das Handbuch wurde verrissen („nur 19 Seiten Information, zahlreiche Fehler“). Mittlerweile haben die 8-bit-Ataris eine engagierte Fangemeinde. 1985 gründete sich in Herten der Atari Bit Byter User Club ABBUC. Die Informationen zum Test von 1984 verdanken wir dem Atarimuseum von Michael Vogt aus Neu-Ulm.
Damit haben wir die Systeme an der Spitze der Bewertung erreicht. Eines wurde beim Testen noch für gut befunden, verschwand aber vor Abdruck der Resultate aus den Läden. Texas Instruments beendete im März 1984 die Fertigung des TI 99/4A. Sieger der Konkurrenz war demnach der zweite Heimcomputer mit Prädikat gut, der Commodore 64, der im Eingangsbild zu sehen ist (Foto: Jan Braun, HNF). Der „Brotkasten“ lieferte in allen Punkten gute oder zufriedenstellende Leistungen ab, und das bei einem Durchschnittspreis von 700 DM. Herzlichen Glückwunsch in die Vergangenheit!
Am Schluss machte die Stiftung Warentest noch einige bissige Bemerkungen. Zitat: „Für Heimcomputer gibt es nur wenige Einsatzmöglichkeiten. Abgesehen von Spielen und der Möglichkeit, Basic zu lernen, sind uns keine Aufgaben im heimischen Bereich bekannt geworden, die sich mit einem kleinen Computer besser als auf herkömmliche Art lösen ließen.“ Für ernsthafte Arbeiten empfahl man einen Personal Computer wie den Apple IIe. Die Computergeschichte lief dann anders, aber Tester können auch nicht alles wissen.
Dieser Test war eines der vielen Beispiele für die Tatsache, dass die Stiftung jahrelang gar keine Fachleute hatte, um komplexe Geräte, insbesondere aus dem IT-Bereich, kompetent testen zu können.
Den letzten Absatz verstehe ich nicht. Es ist doch genau so gekommen. Heimcomputer dieser Art sind verschwunden und die „Personal Computer wie [der] Apple IIe“ haben sich durchgesetzt–Es sei denn man sieht in den Smartphones die Nachfolger der Heimcomputer.
Stimmt, ist missverständlich formuliert. Aber so ganz überflüssig wie Stiftung Warentest andeutete, waren die Homecomputer offensichtlich nicht. Der C64 ist bis heute der meistverkaufte Computer überhaupt.