Tor ins Dunkle
Geschrieben am 16.03.2018 von HNF
Am 21. März lädt das HNF zur Reise in die dunkle Welt. Um 19 Uhr spricht Stefan Mey, Journalist aus Berlin, im Auditorium des Museums über das Darknet. Dort kann man seit 2004 anonyme Internetseiten einrichten und ebenso anonym surfen. Das dunkle Netz hat keinen guten Ruf, es entsprang aber seriöser Forschung der amerikanischen Marine.
Dunkel ist die Nacht, in der dunkle Gestalten durch dunkle Wälder laufen. Dunkel sind Wolken und Höhlen, und dunkel sind auch die dunkle Materie und die dunkle Seite der Macht, die man aus dem „Krieg der Sterne“ kennt. Und dunkel ist der Drang, der manche Leute in das Netz treibt, das heute unser Thema ist.
Dabei fing alles ganz harmlos an. In den 1990er-Jahren entdeckte Amerika das in Europa erfundene World Wide Web. Es wurde auch von Forschern der US-Marine benutzt und untersucht. Drei von ihnen fragten sich: Was kann man tun, um Absender, Empfänger und Inhalte von Informationen, die durch jenes Netz laufen, vor neugierigen Augen zu schützen? Als Antwort auf die Frage meldeten Michael Reed, Paul Syverson und David Goldschlag 1997 ein Patent an. 2001 wurde es ihnen mit der Nr. 6.266.704 amtlich erteilt.
Es trug den Titel „Onion routing network for securely moving data through communication networks”; nach Eintippen dieser Überschrift erscheint es auch in der Datenbank des deutschen Patentamts. Gemeint ist ein Netzwerk, das Schichten wie eine Zwiebel besitzt und auf diese Weise den sicheren Transport von Daten ermöglicht. Das Konzept der drei Wissenschaftler wurde von der DARPA, der Forschungsabteilung des amerikanischen Verteidigungsministeriums, weiterentwickelt und verbessert.
Der Zwiebel-Router – „The Onion Router“ – ist heute unter der Abkürzung Tor bekannt. 2004 wurde er öffentlich verfügbar gemacht. Seit 2006 betreibt ihn die in Seattle ansässige gemeinnützige Organisation The Tor Project. Er liegt als globales Netzwerk vor und ist ins normale Internet integriert. Die Kosten von drei Millionen Dollar trägt hauptsächlich der amerikanische Staat; sein Anteil liegt zwischen 80 und 90 Prozent. Den Rest übernehmen Schweden, diverse Nichtregierungsorganisationen und Tausende privater Spender.
Im Tor-Netz kann man anonyme Internetseiten einrichten; ihre Adressen sind ungeordnete Zeichenketten, die stets auf das Wort „.onion“ enden. Zweitens erlaubt das Netzwerk ein anonymes Surfen. Fordert ein Benutzer Daten von einer Seite an, laufen sie über drei Zwischenstationen, wodurch seine eigene IP-Adresse verschwindet. Der User erhält die gewünschten Informationen, doch niemand kann ihm nachweisen, woher er sie bezog. Möglich macht es ein Browser, der auf der Project-Seite zum Herunterladen bereitliegt.
Aufgrund der doppelten Anonymität avancierte das Zwiebelnetz zum „Darknet“ und zum Tummelplatz von Übeltätern und Geschäftemachern. Die Liste der hidden services ist lang und eindrucksvoll, wobei aber ein reges Kommen und Gehen herrscht. Wenn ein braver Bürger den Tor-Browser installiert und sich ins dunkle Netz wagt, trifft er zunächst auf eine Suchmaschine namens DuckDuckGo. Ihre Tipps führen in der Regel zurück ins normale World Wide Web. Auch die dunkle Ente ist dort natürlich verfügbar.
Wer tiefer in die dunkle Welt eindringen will, findet aber genügend Zugänge – und Onion-Suchmaschinen – im offenen Netz, etwa auf thehiddenwiki. Die gewählte Zeichenkette muss man anschließend mit Drag und Drop in die Adresszeile des Tor-Browsers einsetzen. Eine Einführung ins Umfeld von Tor liefert die Darknet-Ausgabe der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“. Wie es sich gehört, kann man sie ebenso im hellen Netz studieren.
Das APuZ-Heft startet mit einem Aufsatz des Fachjournalisten Stefan Mey aus Berlin. Er wird am Mittwoch, dem 21. März, auch im HNF über das Darknet sprechen; sein Vortrag über die Reise in die digitale Unterwelt beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. Wir freuen uns über viele Interessenten. Tor-Stammkunden dürfen ihre dunklen Brillen gerne aufbehalten.