Und es hat Piep gemacht – die Geschichte des Pagers
Geschrieben am 25.04.2022 von HNF
Engländer und Amerikaner nennen ihn Pager, wir sagen Piepser oder Pieper. Gemeint ist ein kleiner tragbarer Funkempfänger für Signale und kurze Texte. Das erste Pager-Netz wurde 1950 für New Yorker Ärzte installiert; in den 1960er-Jahren starteten in den USA größere Systeme. Ab 1974 gab es das Paging auch bei uns, überlebt hat noch der Cityruf.
Einst hatte jedes Hotel seine Pagen; sie trugen adrette Uniformen und gingen gelegentlich durch den Speisesaal, um einen Gast zum Portier oder ans Telefon zu holen. Im Englischen führte das zum Verb „to page“, was so viel wie aufrufen heißt. Nach dem Zweiten Weltkrieg erkannten zwei Erfinder, dass man eine solche Tätigkeit auch per Funk erledigen konnte.
Irving Gross – meist wird er Al Gross genannt – war Jahrgang 1918 und gebürtiger Kanadier. Er wuchs in den USA auf, studierte Elektrotechnik und betrieb eine Elektronikfirma; er starb im Jahr 2000. Gross gehörte zu den Pionieren der mobilen Funktechnik; 1949 entwickelte er einen leichten Empfänger für kurze Signale, die ein kleiner Sender ausstrahlte. Er versuchte Krankenhäuser für sein System zu interessieren; eine New Yorker Klinik schaffte es an. Die Ärzte und Schwestern kamen damit aber nicht zurecht; das Spital gab den Sender zurück.
Mehr Erfolg hatte der Amerikaner Sherman Amsden (1889-1958). Er gründete in den 1920er-Jahren die Firma Telanserphone, die Telefonanrufe entgegennahm. 1948 erfand der für ihn tätige Ingenieur Richard Florac (1901-1991) einen Mini-Empfänger: Das ist das Patent. Im Oktober 1950 startete ein Pager-Dienst mit den „Aircall“-Handies; er richtete sich ebenfalls an Mediziner. Einzelheiten brachte 1951 das Magazin Popular Science. Ein Abonnent des Dienstes hörte eine Liste mit dreistelligen Codenummern ab; falls seine Zahl vorkam, lag in der Zentrale eine Nachricht für ihn vor.
Der Zeitschriftenartikel sprach bereits von einem „radio paging service“. 1956 stellte der Elektronikhersteller Motorola einen „Handie-Talkie Radio Pager“ vor; die Wochenschau war zugegen. Auch dieser Dienst richtete sich an Ärzte. Der Telefonkonzern AT&T – er firmierte ebenso unter dem Namen Bell System – hatte alle Amerikaner im Visier. Er zeigte seinen Pager 1962 auf der Weltausstellung in Seattle. Im dort gedrehten Film sehen wir den Bellboy ab Minute 5:10. Motorola zog zwei Jahre später mit dem Pageboy nach.
So fasste die Technik in Amerika Fuß. Die Bundesbürger mussten bis 1974 warten, ehe sie angepiepst wurden. Möglich machte es das Eurosignal der Post bei 87 Megahertz. Die Frequenz lag am unteren Ende des UKW-Funks und konnte mit dem Eurosignal-Empfänger wie auch im Radio gehört werden. Die Nachricht bestand aus einem von vier Tönen, die man mit unterschiedlichen Telefonnummern auslöste. Der SPIEGEL berichtete; 2015 tauschten Wolfgang Back und Wolfgang Rudolph Erinnerungen ans Eurosignal auf YouTube aus.
Aus Österreich ist ein TV-Bericht zu Pagern von 1976 bekannt; er geht auch auf Aspekte aus der Verhaltensforschung ein. Im August 1979 sah das Hamburger Nachrichtenmagazin das Gerät als ein Statussymbol, allerdings nur in den USA. Im September zählte es in deutschen Landen erst 15.000 Europiepser. Sie kosteten 2.680 DM; dazu kamen Monatsgebühren von fünfzig Mark für jede der maximal vier Telefonnummern. In Amerika war ein Pager 1983 für weniger als hundert Dollar zu haben. Ende November 1988 erlebte dann der Cityruf seine Premiere, wie in diesem Video geschildert.
Der Pager war auf ein handliches Maß geschrumpft und nicht mehr so teuer; drei Varianten boten einfache Signale, Ziffernfolgen oder kurze Texte an. Den Cityruf gibt es noch immer und mit einem weiteren Buchstaben: Er heißt heute e*Cityruf. Betreiber ist das Berliner Unternehmen e*Message. Andere Pager-Dienste kamen und gingen, zu nennen sind Quix, Scall, Skyper und TeLMI. Unser Eingangsbild zeigt einen alphanumerischen Motorola-Pager aus den späten 1990er-Jahren. Im Foto unten erscheint ein Gerät der Telekom. Über den Ur-Cityruf von 1955 steht hier noch etwas – bitte zu PDF-Seite 11 rechts oben gehen.