
Vectrex – Königin der Spielkonsolen
Geschrieben am 02.05.2025 von HNF
Im Juni 1982 zeigte die Firma General Consumer Electronics das Videospiel Vectrex auf einer Fachmesse in Chicago. Seine innovative Technik brachte ihm viel Lob ein; Anfang 1983 kam es in den landesweiten Handel. Bei uns war Vectrex im Herbst 1983 erhältlich. Der Kollaps des amerikanischen Videospiel-Markts führte aber ein Jahr später zum Ende der Fertigung.
Es begann mit den Asteroids. Das gleichnamige Produkt von Atari war ab 1979 ein Hit in amerikanischen Video-Arkaden und beeinflusste nachhaltig die Computerspielbranche. Ein besonderes Merkmal des Programms bildeten die Vektorgrafiken; ihre Linien wurden auf dem Bildschirm nicht durch Pixel dargestellt, sondern direkt per Elektronenstrahl erzeugt.
Eine ähnliche Technik erschien im Juni 1982 in Chicago auf der Consumer Electronics Show, der großen Fachmesse für Unterhaltungselektronik. Sie lief im Videospiel Vectrex; der Name entstand wohl aus den Worten „vector“ und „tracks“, zu Deutsch „Spuren“. Anbieter war die Firma General Consumer Electronics alias GEC aus Santa Monica. Dort saß ebenso der Entwickler des Spiels, ein kleines und kreatives Unternehmen namens Smith Engineering. Tief im Internet überlebte zu ihm ein Zeitungsartikel von 1980.
Vectrex war die Miniaturausführung eines Arkade-Automaten. Sie enthielt eine Bildröhre im Hochformat mit einer Diagonalen von 24 Zentimetern. Wie schon angedeutet, bestand das Bild aus Vektorgrafiken. Der User konnte es in Reinform anschauen oder eine Farbfolie vorsetzen, wie oben im Eingangsfoto zu sehen. Im Inneren des Geräts arbeitete ein Acht-Bit-Prozessor vom Typ Motorola 6809. Mit jedem Vectrex-System kam das Spiel Mine Storm, ein Verwandter der Asteroids. Weitere Spiele ließen sich mit Einsteck-Modulen laden. Die Bedienung erfolgte durch ein Steuerteil mit einem kleinen Joystick.
Zu den Peripheriegeräten zählten ein Lichtgriffel und eine 3D-Brille. Die stereoskopische Animation eines Spiels brachte abwechselnd das Bild für das linke und für das rechte Auge; dabei wurde das Brillenglas vor dem jeweils nicht betroffenen Auge verdunkelt. Das ist ein Video – wir greifen etwas vor – mit den zehn beliebtesten Vectrex-Spielen; es folgen ohne Kolorierung alle Programme, die 1982 und 1983 entstanden. Man erkennt aber ganz gut die eigenartige Ästhetik der Vektorgrafiken.
Auf der Messe in Chicago machte Vectrex einen exzellenten Eindruck; der Distributor GEC wurde bald darauf vom Spieleriesen Milton Bradley übernommen. Im Oktober 1982 bot er das Spiel für 199 Dollar in sieben Regionen der USA an und im ersten Quartal 1983 im ganzen Land; die Module für weitere Programme kosteten jeweils dreißig Dollar. In der Bundesrepublik war das Spiel im Herbst 1983 für rund 450 DM erhältlich. Hier geht es zu einem Übersichtsartikel des Magazins „TeleMatch“ aus jener Zeit; das ist ein Beitrag der Zeitschrift „Mein Home-Computer“ vom Mai 1984.
Der Preis für ein Vectrex-Grundgerät sank inzwischen auf dreihundert Mark. Der Grund dafür war die Krise der Videospiel-Branche in den USA, die sich auch in Europa auswirkte. Milton Bradley kündigte schon im Februar 1984 das Ende der Spielkonsole an; zu diesem Zeitpunkt hatten sich Verluste von 31,6 Millionen Dollar aufgetürmt. Als im Mai 1984 der oben zitierte Artikel erschien, wurden nur noch die Lager geleert. Im September 1984 erschien im US-Fachblatt „Electronic Games“ ein Rückblick unter dem Titel Farewell to Vectrex.

Screenshot vom Vectrex-Fußball (Foto Florian Schäffer CC BY-SA 4.0 seitlich beschnitten)
Die Konsole wurde eingestellt, aber nicht vergessen. Ab 1996 schrieben Vectrex-Fans viele neue Programme; Erinnerungsseiten gibt es hier, hier und hier, und das ist der Einstieg ins Vectrex-Wiki. Diese Sammlung vereint vierzig Vektorgrafik-Videos von unterschiedlichen Systemen. Erinnern wollen wir auch an die Mini-Arkaden der Firma Coleco, die wir im Blog erwähnten. Sie basierten nicht auf Bildröhren, sondern auf eher simplen Fluoreszenz-Anzeigen, die hin und her sprangen. Aber Hauptsache, es bewegt sich etwas.