Von Menschen und Rechnern
Geschrieben am 28.03.2024 von HNF
Am 21. September 1977 startete in Den Haag die Ausstellung „Mens en Computer“. Sie war die wohl erste Darstellung der aktuellen Informatik in einem Museum. Die Schau lief fast zwei Jahre lang und lockte 300.000 Besucher an. Sie zeigte unter anderem Hardware von Philips, DEC und Commodore, die man an Ort und Stelle bedienen konnte.
Am Anfang war die IBM. Unter dem Titel A Computer Perspective erläuterte sie von 1971 bis 1975 in New York die Geschichte der Rechentechnik. Die Perspektive endete schon 1950, und sie erwähnte nur acht frühe Elektronenrechner. Eine bis in die Gegenwart reichende Version der IBM-Ausstellung schuf Heinz Zemanek 1974 für das Technische Museum Wien.
Die erste Ausstellung zur neuesten Informatik und mit lauffähigen Computern fand aber in den Niederlanden statt. Am 21. September 1977 begann in Den Haag im Museum voor het Onderwijs die Schau „Mens en Computer“. Mens ist der Mensch, Onderwijs bedeutet Unterweisung, Unterricht oder Bildung. Das gleichnamige Museum wurde 1904 gegründet; es sammelte Objekte, Dokumente und Bücher aus vielen Wissensgebieten und bot ständig wechselnde Ausstellungen. Ab 1986 nannte es sich Museon, seit 2022 heißt es Museon-Omniversum.
„Der Computer ist eine Erweiterung des Menschen, nur macht er alles viel schneller. Diese lehrreiche Ausstellung, in die man als dummer Junge hineingeht und die man als Professor wieder verlässt, soll vor allem den Schleier des Geheimnisvollen lüften, der den Computer immer noch umgibt.“ Diese Worte sprach der Mathematiker und Informatiker Max Euwe zur Eröffnung von „Mens en Computer“. Euwe war 76 Jahre alt und schaute auf eine lange Karriere im Schachspiel zurück. 1935 wurde er Weltmeister, verlor den Titel aber zwei Jahre später wieder. Er starb 1981.
Bei der Erwähnung des Professors spielte Max Euwe auf das Gerät an, das sich hinter ihm befand: ein riesiger funktionsfähiger Nachbau des Little Professor, eines mathematischen Lernspiels. Nach der Eröffnung wurde der Apparat in der Ausstellung platziert; dort stand er in einem kleinen Klassenzimmer, dessen Bänke und Tische vergrößerte Nachbildungen von elektronischen Bauteilen waren. Es bildete das Zentrum von „Mens en Computer“, denn das Museum wollte neben erwachsenen Computerlaien Schüler und Schülerinnen erreichen.
Wir sehen das gut in der niederländischen Wochenschau. Der Film zeigte neben dem kleinen Professor und dem Kindercomputer Speak & Spell die übrige Hardware der Schau. Leicht auszumachen ist der Commodore PET 2001 mit einem Tic-Tac-Toe-Spiel. Ein scharfäugiger YouTube-Nutzer entdeckte einen Minicomputer Philips P800, ein Terminal ADM-3A von Lear Siegler, einen Teletype-Fernschreiber und DEC-Terminals der Typen VT50 und GT40. Auf letzterem lief das damals recht populäre Computerspiel Lunar Lander ab.
Der Filmbericht stellt eine der zwei Hauptquellen zu „Mens en Computer“ dar. Die andere ist ein Konvolut von Dokumenten zur Vorbereitung der Ausstellung. Diese wurden irgendwann gescannt und ins Internet gesetzt. Alle Texte liegen auf Niederländisch vor. Die Unterlagen sind recht heterogen, sie enthalten auch Scans von Zeitschriften, die wenig mit Computern zu tun haben. Leider überlebten nur ein paar Fotos zur Ausstellung selbst.
Es lässt sich aber ermitteln, dass die Ausstellungsfläche 17,55 x 9,79 Meter betrug, also 172 Quadratmeter. Für die Kosten setzte das Museum 30.000 Gulden an, was ungefähr dem Wert in DM gleichkam. Der Anlass des Projekts war der 200. Geburtstag der Holländischen Gesellschaft für Industrie und Handel im Jahr 1977. Der Entwickler der Ausstellung hieß Rien van Dongen; er könnte dieser Herr sein, der 2011 den Orden von Oranje-Nassau erhielt. Der Ordensritter arbeitete im Flachs- und Zuckermuseum des Ortes Klundert in Nord-Brabant, doch wechselte van Dongen vielleicht von Den Haag dorthin.
Ursprünglich sollte „Mens en Computer“ bis zum 31. August 1978 dauern. Der Andrang war aber so groß, dass die Ausstellung bis zum 2. September 1979 verlängert wurde. Insgesamt kamen 300.000 Besucher. Hier geht es zu einer Wochenschau aus dem November 1984; sie entstand bei einem Treffen des Hobby Computer Clubs in Utrecht. Der Fortschritt ist nicht zu verkennen, alles ist in Farbe, und statt des Little Professors treffen wir den Pac-Man. Zum Schluss wünschen wir den Lesern und Leserinnen des Blog alles Gute für die Ostertage; wir melden uns gleich danach zurück.
Von der CeBIT 1978 habe ich ja schon berichtet. Gerade durch Ihren Schwerpunkt „Computer und Menschen “ war diese Messe so erfolgreich. Neue und vor allem preiswerte Computer wie der PET 2001 verbreiteten sich auch im BFI rasend schnell. Wir nahmen diese zunächst nicht ernst denn wir rechneten auf angemieteten Großrechnern wie Sperry Univac und eigenen Prozessrechnern wie HP. VT Terminals waren schon Standard aber nicht mehr als 2 bis 3 pro Rechner. Analogrechner gab es auch. Die Ingenieure aus den anderen Abteilungen beschafften sich ihre PC selbst und so glich die vorhandene EDV Landschaft bald einem Flickenteppich. Keiner der Rechner war mit den anderen vernetzt. Das kam erst noch. So wurden im Schreibsaal innerhalb von 3 Tagen Lochkartenstapel nach Papiervorgabe gestanzt. Das war mir schon damals zu langsam und ich machte das lieber selbst. Übrigens: Lunar Lander spielten wir natürlich auch. Ab 1980 auf Siemens 2000 die das Forschungsministerium spendiert hatte. Wenn Herr Riesenhuber das wüsste!