Blaise Pascal und seine Rechenmaschine

Geschrieben am 02.06.2023 von

Am 19. Juni feiern wir den 400. Geburtstag von Blaise Pascal. Der französische Denker und Privatforscher erfand in jungen Jahren eine Addiermaschine; sie ist die erste, von der einige Exemplare erhalten blieben. Er zählt auch zu den Vätern der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Vor dem Pascal-Jubiläum veranstaltet das Internationale Forum Historische Bürowelt im HNF eine Sammlerbörse mit Rechengeräten.

Der Vater war Jurist und Verwaltungsbeamter, doch er verstand auch etwas von Mathematik; die Pascalsche Schnecke, eine geschlossene Kurve in der Ebene, ist nach Étienne Pascal benannt. Sein Sohn Blaise wurde am 19. Juni 1623 in Clermont – heute Clermont-Ferrand – geboren.

Blaise Pascal war ein Wunderkind, Mit zwölf Jahren fand er ohne fremde Hilfe die Sätze der euklidischen Geometrie. Als Teenager formulierte er den Satz von Pascal über Sechsecke in der projektiven Geometrie, einer Verallgemeinerung der euklidischen. Ende 1639 zog er mit dem Vater und zwei Schwestern nach Rouen in der Normandie. Dort amtierte Étienne Pascal als königlicher Kommissar für das Steuerwesen. Kurz vorher ließ Pierre Séguier, Kanzler von Frankreich und zuständig für die Justiz, eine Steuerrevolte in der Region niederschlagen.

Blaise Pascal – das Bild basiert wie viele andere auf einem Gemälde, das nach seiner Totenmaske angefertigt wurde.

1642 begann Blaise Pascal mit der Arbeit an seiner Rechenmaschine. Sie sollte dem Vater die Arbeit erleichtern. Der junge Mann erhielt Unterstützung von einem Uhrmacher, die Entwicklung kam aber nur langsam voran, und sie kostete Pascal viel Kraft. Es entstanden rund 50 Modelle mit unterschiedlichen Materialien und Getrieben. Im Februar 1644 wurde eines Heinrich II. von Bourbon-Condé vorgeführt, einem Verwandten des noch kindlichen Königs Ludwig XIV. 1645 konnten Interessenten die Maschine im Haus des Mathematikers Gilles Personne de Roberval besichtigen und käuflich erwerben.

Das erste funktionsfähige Exemplar widmete Pascal aber Pierre Séguier; es gelangte später in das Musée des arts et métiers in Paris. Séguier sorgte 1649 für ein königliches Patent, das erste in Frankreich. Schon 1646 kaufte die polnische Königin Luisa Maria Gonzaga zwei Rechenmaschinen. 1652 stellte Pascal die endgültige Version fertig. Ein Gerät erhielt Königin Christina von Schweden. Heute gibt es in Museen und Sammlungen acht historische Pascal-Maschinen, eine neunte wurde im 18. Jahrhundert aus älteren Teilen zusammengesetzt.

Die Pascaline addiert primär zwei Zahlen. Zunächst stellt der Benutzer mit einem Stift den ersten Summanden an den Rädchen auf der Oberseite ein. Dann dreht er jedes Rädchen gemäß den Ziffern des zweiten weiter. Im Fenster erscheint der erste Summand und danach das Endergebnis; die Überträge bewältigt die Maschine automatisch. Die Subtraktion erfolgt über die Addition des Neunerkomplements oder der entsprechenden Komplementärzahlen auf dem 12er- und dem 20er-Rädchen. Diese dienten bei manchen Maschinen zum Rechnen mit Beträgen in der französischen Währung.

Anzeigenräder und Getriebeteile der Pascaline; die Grafik stammt aus der großen französischen „Encyclopédie“ des 18. Jahrhunderts.

Unser Eingangsbild zeigt die Pascaline des HNF mit sechs dezimalen Einstellrädchen; sie ist ein Nachbau und orientiert sich vermutlich an zwei Maschinen aus dem Musée des arts et métiers. Unter den Fenstern erkennt man die Stange, die die Ziffern für die Addition oder die komplementären Ziffern zur Subtraktion freigab. Der Kopist vergaß offenbar die Schienen an den Seiten, um die Stange nach oben oder unten zu schieben. Eine ähnliche Replik erzielte 2020 bei einer Auktion jedoch einen Preis von mehr als 16.000 Dollar.

Die echte Pascaline war ein Luxusgut. Die Preisangaben reichen von 100 bis 500 Livre – eine Uhr kostete damals zwischen 75 und 125 Livre. Als Gottfried Wilhelm Leibniz in den 1670er-Jahren in Paris lebte, konnte er eine Pascal-Maschine untersuchen. Sie vermittelte ihm Anregungen, sein eigenes Rechengerät arbeitete dann aber anders. In Deutschland wurde Pascals Erfindung erst im 19. Jahrhundert richtig bekannt; Jacob Leupolds Übersichtswerk Theatrum arithmetico-geometricum aus dem Jahr 1727 erwähnte sie nicht.

Nach der Erfindung der Rechenmaschine widmete sich Pascal weiteren mathematischen Themen. 1654 befasste er sich mit dem später nach ihm benannten Zahlendreieck und stieß auf das Prinzip der vollständigen Induktion, Im Briefwechsel mit dem Mathematiker und Juristen Pierre de Fermat über ein Glücksspiel-Problem legte Pascal den Grundstein zur Wahrscheinlichkeitsrechnung. Ab 1658 grübelte er über die Zykloide, französisch Roulette; mit dem Spiel hat sie nichts zu tun. Er stellte Experimente zum Luftdruck an und bewies die Existenz eines Vakuums. Seit 1971 trägt die Maßeinheit für den Druck seinen Namen.

Die einzige echte Pascaline in Deutschland ist die im Mathematisch-Physikalischen Salon des Dresdner Zwingers.

Seit seiner Jugend war Blaise Pascal nie richtig gesund. Am 23. November 1654 hatte er ein religiöses Erlebnis, danach stürzte er sich in die kirchlichen Kämpfe im Lande. Unter einem Pseudonym veröffentlichte er Briefe gegen die Jesuiten; sie kamen prompt auf den Index. 1658 begann er die Arbeit an einem theologischen Werk; Anfang 1662 war er aber auch Mitgründer eines Verkehrsbetriebs. Dann forderte die Krankheit ihren Preis. Am 19. August 1662 starb Blaise Pascal in Paris. Seine Aufzeichnungen zur Theologie erschienen 1670.

Die Gedanken gelten als sein Hauptwerk, sie wurden aber im Rohzustand hinterlassen. Eine bekannte Passage ist die Wette, mit der Pascal durch die Mathematik den Glauben an Gott rechtfertigt. An anderer Stelle heißt es: „Die Rechenmaschine bringt Wirkungen hervor, die sich dem Denken stärker annähern als alles, was die Tiere tun; aber sie bewirkt nichts, was zu der Behauptung veranlassen könnte, dass sie wie die Tiere einen Willen habe.“ Das war vielleicht die erste Aussage zur Künstlichen Intelligenz.

Am 19. Juni begehen wir Pascals 400. Geburtstag, im September steht ein zweites Jubiläum an, 400 Jahre Rechenmaschine von Wilhelm Schickard. Schon am 3. Juni findet im HNF ab 13 Uhr die Sammlerbörse des Internationalen Forums Historische Bürowelt IFHB statt; sie zeigt Rechen- und Schreibgeräte aus alter und aus neuer Zeit. Um 16 Uhr gibt es außerdem einen Vortrag von Wilfried Denz; wir kennen ihn als Webmaster der Seite Rechnen ohne Strom. Der Eintritt zum Vortrag ist frei, doch ist eine Anmeldung erforderlich.

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