Das Zeitalter der VAX
Geschrieben am 03.10.2023 von HNF
Im Oktober 1977 kam die erste VAX in den Handel, vor vierzig Jahren erschien die MicroVAX. Die letzten Rechner mit den drei Buchstaben im Namen wurden 1992 herausgebracht. Die VAX-Serie war eine der populärsten Computerfamilien des 20. Jahrhunderts, und sie machte die Firma Digital Equipment zum zweitgrößten IT-Hersteller in den USA und in der Welt.
Gegründet wurde die Digital Equipment Corporation am 23. August 1957 in Maynard im US-Bundesstaat Massachusetts. Sie entwickelte sich zu einem bedeutenden Hersteller von Mini- und Superminicomputern. Kurz nach dem 20. Geburtstag, am 25. Oktober 1977, fand die jährliche Aktionärsversammlung der Firma statt. An diesem Tag enthüllte die DEC ihr neuestes Produkt, die VAX-11/780, sowie das zugehörige Betriebssystem VMS.
VAX stand für „Virtual Address eXtension“ und VMS für „Virtual Memory System“. Beide Kürzel betonten das Konzept des virtuellen Speichers, das der Computer realisierte. Ein weiterer Hinweis steckte in der Zahl 11. Sie deutete die Abwärts-Kompatibilät zum DEC-Modell PDP-11 an. Es wurde 1970 eingeführt und, wenn man alle Varianten berücksichtigt, bis in die 1990er-Jahre verkauft; insgesamt entstanden 600.000 Stück. Die PDP-11 rechnete mit sechzehn Bit, die neue VAX-11/780 operierte in der 32-Bit-Welt.
Ihre Entwicklung startete im Frühjahr 1975 unter Leitung von Bill Demmer; im Juni nahm das von Roger Gourd geführte Software-Team die Arbeit auf. Bis zur Vorstellung des Computers im Oktober 1977 wurden 300 „Mannjahre“ in das Projekt gesteckt; Fotos zeigen, dass sich unter den Männern auch ein paar Frauen befanden. Die Zentraleinheit der VAX-11/780 war etwa so groß wie zwei nebeneinander gestellte Kühlschränke. Sie kostete 141.000 Dollar und schaffte 500.000 Operationen pro Sekunde; der virtuelle Speicher umfasste vier Gigabyte. Der reale Speicherplatz war ein Megabyte.
Das erste System ging an die Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburgh. 1978 installierten es das Atomforschungszentrum CERN in der Schweiz und ein deutsches Max-Planck-Institut. In der Folgezeit schufen die DEC-Ingenieure eine umfangreiche Computerfamilie mit diversen Unterfamilien. Nach dem Urmodell kamen neun weitere VAX-11-Typen; die Fortschritte der Chiptechnik verkleinerten die Elektronik, parallel dazu sanken die Preise. Die VAX-11/750 von 1980 war nur noch halb so breit wie die VAX-11/780.
Im Oktober 1983 kündigte DEC die erste MicroVAX an; es dauerte anschließend ein Jahr, bis sie ausgeliefert wurde. Der Nachfolger MicroVAX II lag im Mai 1985 vor; er kostete weniger als 20.000 Dollar. In ihm steckte ein 32-Bit-Mikroprozessor. Neben den MicroVAX-Typen I, II. III, III+ und 4 gab es noch solche mit Nummern von 2000 bis 3900. Eine Übersicht über die gesamte VAX-Serie findet sich hier, wir empfehlen außerdem diese Online-Boschüre zur Geschichte der Computerfamilie. Außer den VAX-Modellen mit Tausender-Nummern baute die Digital Equipment Corporation VAXserver, VAXstations und die VAXft-Rechner.
Der Erfolg der VAXen und die konstante Nachfrage nach PDP-11-Systemen machte DEC in den 1980er-Jahren zum zweitgrößten Computerbauer der Welt. Damals arbeiteten mehr als 100.000 Menschen für das Unternehmen. Die Nummer 1 blieb natürlich IBM. So wie die IBM 360 im Ostblock kopiert wurde, so entstanden dort Nachbauten von VAX-Modellen, unter anderem im Kombinat Robotron. In den Technischen Sammlungen der Stadt Dresden ruhen ein Original der Digital Equipment Corporation und die Zweitversion Seite an Seite.
Für VAX-Computer schwärmten ebenso die Hacker, siehe das Chaos Computer Buch und den Artikel über VAX-Faxen auf PDF-Seite 43. Die DEC-Ingenieure taten alles, um ihre Systeme vor Eindringlingen zu schützen, doch das regte diese umso mehr an. Heute sind die Rechner Geschichte und auch die Digital Equipment Corporation. Sie wurde 1998 vom PC-Hersteller Compaq gekauft. Wer schöne DEC-Produkte sehen möchte, sollte sich an Vaxman Bernd Ulmann wenden, zu erreichen ist er über seine Analogrechnerfirma. Unser Eingangsbild zeigt aber eine VAXstation 3100 aus der Sammlung des HNF.
Danke für den Artikel und die damit geweckte Erinnerung an diese wegweisenden Rechnerfamilien! Ein nicht unwesentlicher Teil des Erfolges der DEC Familien PDP/11 und VAX geht vermutlich aber auch auf ihre Beliebtheit bei den verschiedenen Unix BS-Varianten (V7, BSD 4.3, System III und Sys V) zurück, was sie für Entwicklungsabteilungen als auch Hochschulen etc. interessant machte.
Auch die NCAG nutzte die VAXen für ihre Targon/Unix Entwicklung.