Der erste Supercomputer: Cray-1

Geschrieben am 04.03.2021 von

Im Zweiten Weltkrieg wurde im Forschungszentrum Los Alamos die Atombombe entwickelt. Am 4. März 1976 erhielt das Zentrum den ersten Supercomputer der Welt, die Cray-1. Sein Entwickler war der geniale Ingenieur Seymour Cray. Die Cray-1 kostete acht Millionen Dollar und bewältigte 160 Millionen mathematische Operationen in der Sekunde. Sie eröffnete eine neue Ära der Rechentechnik. 

Seymour Cray haben wir im Blog bereits vorgestellt. Der am 28. September 1925 geborene amerikanische Ingenieur arbeitete ab 1958 für den Computerhersteller Control Data. Seine Rechner waren erheblich schneller als die des Konkurrenten IBM, kosteten aber nur wenig mehr oder waren sogar preiswerter. Die Präsentation der CDC 7600 im Jahr 1968 blieb auf Film erhalten; ab Minute 11:45 spricht Seymour Cray. Sein Computer folgt bei Minute 18:30.

Damals saß Cray schon nicht mehr in der Control-Data-Fabrik in St. Paul am Mississippi, sondern im weiter östlich gelegenen Chippewa Falls, seinem Geburtsort. Dort betrieb er ein Entwicklungslabor. 1972 trennte er sich von seiner alten Firma und gründete in Chippewa Falls ein eigenes Unternehmen, Cray Research. Er fand auch schnell Investoren. Nun konnte er seinem Erfindergeist freien Lauf lassen und den schnellsten Computer der Welt entwerfen. Im August 1975 gab er seinen Erstling bekannt, das Modell Cray-1.

Seymour Cray 1981 an einer Cray-1 (Foto Marlin Levinson/Star Tribune via Getty Images)

Der Rechner wirkte wie ein Produkt aus der Zukunft. Er war rund mit einer umlaufenden Sitzbank. Die knapp zwei Meter hohe Zentraleinheit wog samt Kühlung fünfeinhalb Tonnen. Pro Sekunde führten ihre integrierten Schaltungen bis zu 160 Millionen Operationen aus. Dabei kam Vektorrechnen zum Einsatz: ein Programm wurde parallel auf unterschiedliche Daten angewandt. Die Cray benutzte Datenworte mit 64 Bit. Der Arbeitsspeicher umfasste bis zu acht Megabyte; dazu kamen Plattenlaufwerke für 303 Megabyte.

Nach der Ankündigung des Cray-1 stritten zwei große Forschungsinstitute darum, das erste System zu erhalten. Am Ende siegte das von Los Alamos in New Mexico; hier war zuvor schon die amerikanische Atombombe entwickelt worden. Ab 4. März 1976 konnte das Institut den Cray-Rechner Nr. 001 sechs Monate für Tests nutzen. Das Nachsehen hatte das kalifornische Lawrence-Livermore-Laboratorium. Wohl nicht kämpfen musste der Kryptologie-Geheimdienst NSA, der im selben Jahr eine Cray-1 bekam.

Eine Cray-1 im Forschungszentrum Los Alamos 1980. Rechts und hinten links stehen Plattenspeicher. (Foto Los Alamos National Laboratory CC BY-NC-ND 2.0)

1977 freuten sich die Kollegen der englischen Dechiffrieragentur GCGQ über ihre Cray. Erster regulärer Abnehmer war das Nationale Zentrum für Atmosphärenforschung im US-Staat Colorado; der Preis betrug 7,9 Millionen Dollar plus eine Million für die Plattenspeicher. Am 11. Juli 1977 brachten zwei Kühllastwagen die Hardware, und dreißig Ingenieure, Techniker und Helfer machten sich an die Montage. Als Vorrechner diente eine schon vorhandene CDC 7600. Im Dezember wurde die Cray-1 in Dienst gestellt; sie rechnete bis Januar 1989.

Die erste Cray in Deutschland stand ab Oktober 1979 in einem Rechenzentrum in Garching; sie kostete zwanzig Millionen DM. Insgesamt wurden mehr als hundert Stück verkauft. Die Cray-1 schuf eine neue Computer-Klasse, den Supercomputer. 1980 legte Seymour Cray die Leitung von Cray Research nieder, blieb der Firma aber als Entwickler verbunden. 1985 entstand der Nachfolger der Cray-1, die mehr als zehnmal schnellere Cray-2. Ein System fand den Weg ins HNF, es ist zusammen mit der Kühlung oben im Eingangsbild zu sehen.

Wo bleibt der Mensch? Die Cray-1 des Zentrums für Atmosphärenforschung in Boulder im US-Staat Colorado (Foto University Corporation for Atmospheric Research UCAR, CC BY-NC 4.0)

1989 startete Seymour Cray in Colorado Springs die Cray Computer Corporation, konnte aber nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen. Am 22. September 1996 erlitt er bei einem Autounfall schwere Verletzungen; am 5. Oktober starb er im Krankenhaus. Cray Research wurde im Februar 1996 von Silicon Graphics aufgekauft und vier Jahre später an die Tera Computer Company weitergegeben. Sie nannte sich dann in Cray um. 2019 landete die Firma in den Armen von Hewlett Packard Enterprise, und der alte Name verschwand.

Bei uns installiert die Firma Megware aus Chemnitz seit 1990 Supercomputer; sie schaffte es sogar in die Top500-Liste. Diese Statistik geht auf den Mannheimer Informatik-Professor Hans-Werner Meuer zurück; seit dem Juni 1993 wird sie zweimal jährlich für die gesamte Welt erhoben. Sie ist der wohl wichtigste deutsche Beitrag zum Supercomputer-Zeitalter, das vor 45 Jahren mit der Cray-1 begann.

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