Die Freie Universität und ihre Computer

Geschrieben am 01.12.2023 von

Die Vorlesungen starteten bereits am 15. November, die Gründungsfeier fand aber erst am 4. Dezember 1948 statt. Mit ihr trat die Freie Universität von Berlin in die Welt. Den ersten Computer stellte sie in den frühen 1960er-Jahren auf, 1972 begann das Rechenzentrum der Hochschule mit seiner Arbeit. 1986 erhielt sie auch ein Institut für Informatik.

Im Herbst 1948 lagen weite Teile von Berlin in Trümmern. Tag und Nacht brummten die Flugzeuge der Luftbrücke; sie brachten Lebensmittel und Kohle für den Westen der Stadt. Zur gleichen Zeit entstand im amerikanischen Sektor die Freie Universität. Sie konkurrierte mit der alteingesessenen Berliner Hochschule im Osten, die auf das Jahr 1809 zurückging; in Charlottenburg gab es seit 1879 die Technische Universität. Die Vorgeschichte der Freien schildert diese Seite. Der Vorlesungsbetrieb begann schon am 15. November 1948.

Feierlich gegründet wurde die FU im Titania-Palast in Berlin-Steglitz. Das Kino hatte den Bombenkrieg mehr oder weniger unbeschädigt überstanden, lag im US-Sektor und bot den vielen Menschen Platz, die am 4. Dezember 1948 dem Ereignis beiwohnten. Es ist in der Wochenschau überliefert, bitte zu Minute 9:50 gehen. Wir sehen Oberbürgermeister Ernst Reuter und hören den amerikanischen Stadtkommandanten Frank Howley. Nach ihm spricht der Schriftsteller Thornton Wilder.

Das ZEDAT-Gebäude in den 1970er-Jahren, als es noch ein Laborbau für die Chemiker war. (Foto Reinhard Friedrich/Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin)

So erhielt Berlin vor 75 Jahren die dritte Universität. Uns interessiert natürlich, wann die FU-Computer kamen. Der erste, ein Transistorrechner vom Typ Zuse Z23, lief 1962 im Institut für Theoretische Physik. Es befand sich in der Ihnestraße 56 in Dahlem; dieser Stadtbezirk ist die Heimat der FU. Zur Z23 gesellte sich bald noch ein Graphomat-Plotter. Die Technische Universität Berlin lag jedoch bei der Hardware klar in Führung; sie besaß 1966 drei Zuse-Computer und zwei von der amerikanischen Firma Librascope.

1970 installierte die FU eine Control Data 3300. Sie operierte mit 24 Bit langen Worten; ihr Hauptspeicher fasste 768 Kilobyte. Zwei Jahre später wurde sie von einer Cyber 72 des gleichen Herstellers abgelöst. Diese bildete dann den Kern des FU-Rechenzentrums, der Zentraleinrichtung für Datenverarbeitung oder ZEDAT. Seit 1982 sitzt das Zentrum in der Fabeckstraße 32 nahe der „Holzlaube“, einem der großen FU-Komplexe. Im ersten Stock des Hauses steht die Konsole der Control Data 3300, sie ist oben in unserem Eingangsbild zu sehen (Foto Bernd Wannenmacher) und kann noch blinken.

Eine PDP-11/45 von Digital Equipment, einer der früheren „Kleinrechner“ der FU Berlin

Anfang 1983 verfügte das ZEDAT über eine Cyber 180-835 mit einem Arbeitsspeicher von acht Megabyte; angeschlossen waren Plattenlaufwerke mit 4,85 Gigabyte. Neben der Cyber arbeiteten zwei Systeme von Siemens, eine 7.531 und eine 7.541. Über das FU-Gelände verteilten sich rund neunzig Kleinrechner, wie sie der ZEDAT-Jahresbericht 1983/84 nannte. Es handelte sich zumeist um Minicomputer von DEC und Hewlett-Packard, doch wir fanden auch vier Nixdorf-Systeme aus den Familien 8850 und 8870. Der einzige Personal Computer stammte von Zenith.

Die 1980er-Jahren waren die goldene Ära des Hackens. 1987 erfolgte ein Dateneinbruch im Cyber-Rechner des ZEDAT. Die Übeltäter, zwei Oberstufen-Schüler, wurden aber schnell erwischt. 1990 erhielt die FU einen Internet-Anschluss für Mails, einige Jahre später folgte eine Homepage im World Wide Web. 2019 nahm der Supercomputer Curta den Betrieb auf, ein System der niederländischen Firma ClusterVision. Der Name wurde zur Erinnerung an die gleichnamige Kleinstrechenmaschine gewählt.

Das Informatik-Insitut der FU zwischen Takustraße und Arnimallee

1986 richtete die FU ein Institut für Informatik ein. Es lag zunächst in einer Seitenstraße des Kurfürstendamms; 1993 bezog es ein Gebäude bei der Dahlemer Arnimallee. 1996 stand das Institut kurz vor der Schließung, denn es gab ähnliche Einrichtungen an der TU Berlin und der Humboldt-Universität. Es wurde aber gerettet; der Andrang der Studenten war bald so groß, dass es im Jahr 2000 einen Numerus Clausus einführte. Überregionale Bekanntheit errang der FU-Informatikprofessor Raúl Rojas; er erforschte unter anderem die Geschichte des Zuse-Computers Z3 und baute ein verkleinertes Modell.

Die FU Berlin feiert ihr Jubiläum schon eine ganze Weile; am heutigen 1. Dezember enden die Festlichkeiten im Henry-Ford-Bau. Hier ist noch ein Video vom Mai zum 75. Geburtstag der Hochschule, wir sehen darin auch ihren Präsidenten, den Mathematiker Günter Ziegler. Am Schluss bedanken wir uns bei Bernd Wannenmacher und der Stabsstelle Kommunikation und Marketing der FU Berlin für die beiden Fotos.

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Ein Kommentar auf “Die Freie Universität und ihre Computer”

  1. Peter Wolf sagt:

    Den PDP-11/40 habe ich während des Studiums auch kennen gelernt und meine ersten Programme in BASIC geschrieben. Es war im Jahr 1975.

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