Echo – ein neuer Stern am Himmel

Geschrieben am 11.08.2020 von

Nach der Wiedereröffnung des HNF ist auch der „Aufbruch ins All“ zugänglich. Die große Ausstellung im 3. Obergeschoss widmet sich der Mondlandung sowie Planetensonden, Raumstationen und Satelliten. Vor sechzig Jahren startete die NASA den aufblasbaren Echo 1A; im Weltraum maß er 30 Meter. Er war der erste Satellit, den man mit bloßem Auge beobachten konnte.

Vor sechzig Jahren gab es noch keinen Wettlauf zum Mond – auf dem Neil Armstrong und Edwin Aldrin 1969 landeten – aber schon ein „Space Race“. Die USA und die Sowjetunion suchten sich mit Leistungen in der Raumfahrt zu übertreffen. Die Sowjets waren 1957 mit dem Sputnik die Ersten im All und schickten Lunik 2 1959 zum Mond; Lunik 3 fotografierte seine Rückseite. Die Amerikaner entdeckten 1958 den Strahlungsgürtel der Erde und starteten im April 1960 TIROS 1, den ersten Wettersatelliten.

Am 11. August 1960 gelang der NASA der nächste Erfolg. Mit der Bergung des Discoverer 13 im Pazifik holte sie zum ersten Mal einen Raumflugkörper aus der Erdumlaufbahn zurück. Die NASA verschwieg, dass der „Entdecker“ ein Testmodell von anschließend in Dienst gehenden Spionagesatelliten war. Er geriet auch schnell in Vergessenheit, denn einen Tag später flog vom Startplatz Cape Canaveral eine 31 Meter hohe Thor-Delta-Rakete los. Unter der Verkleidung saß ein Satellit, der Schlagzeilen machte: Echo 1A.

William O’Sullivan (links) und John Pierce

Die Väter des Echo 1A waren die Ingenieure John Pierce und William O’Sullivan. Der 1910 im US-Bundesstaat Iowa geborene Pierce arbeitete bei den berühmten Bell-Laboratorien; 1945 erfand er die Puls-Code-Modulation  zum Digitalisieren von analogen Signalen. Er liebte auch futuristische Ideen und hielt 1954 einen Vortrag über Nachrichtensatelliten. Der Text wurde 1955 unter dem Titel Orbital Radio Relays publiziert. Pierce beschrieb unter anderem eine Kugel mit dreißig Meter Durchmesser, die im Weltraum Funkwellen reflektiert.

William O’Sullivan war Jahrgang 1915 und Angestellter der NACA, des Vorläufers der NASA. Sein Schreibtisch stand im Langley-Forschungszentrum in Virginia; wir lernten es schon im Blog kennen. 1956 nahm O’Sullivan an einem Meeting teil, das mit dem Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957/58 zusammenhing; es befasste sich mit Projekten für Raketen und den für jenes Jahr geplanten Satelliten Vanguard. Nachts im Hotel kam der Ingenieur auf das Konzept eines Erdtrabanten für die Untersuchung der oberen Atmosphäre.

Der Container für Echo 1A auf der Oberstufe der Trägerrakete; die Kugel misst 66 Zentimeter. (Foto NASA APPEL Knowledge Services CC BY-NC 2.0 seitlich beschnitten)

Er sollte zusammengefaltet gestartet und im All zur vollen Größe aufgeblasen werden. Die Kugel lässt sich mit Radar verfolgen; ihre allmähliche Abbremsung würde Aufschlüsse über die Luftdichte geben. Nach William O’Sullivans Idee entstand ein Satellit mit 76 Zentimetern Durchmesser. Er hob am 14. April 1959 in Cape Canaveral ab, doch leider versagte die Rakete. Ähnlich verlief das Projekt Beacon mit einem Ballonsatelliten von 3,66 Metern. Zwei Starts im Oktober 1958 und Januar 1959 endeten mit der Zerstörung der Trägerrakete.

Die NASA gab aber nicht auf. Der projektierte Satellit vergrößerte sich auf dreißig Meter; nun sollte er auch Funksignale reflektieren, wie einst von John Pierce beschrieben. Der Name Echo war rasch gefunden. Hergestellt wurde die Riesenkugel aus hauchdünner aluminium-beschichteter PET-Folie. Die Hülle wog nur 71 Kilo, dazu kamen 15 Kilo eines Spezialpulvers zur Erzeugung des Füllgases. Beim ersten Startversuch am 13. Mai 1960 blieb dem Projekt das Pech treu: Die Oberstufe der Trägerrakete und Echo 1 landeten im Atlantik.

Kommunikation über Echo 1A zwischen Kalifornien und New Jersey. Bei der Reflexion am Satelliten treten natürlich erhebliche Streuverluste auf.

Der zweite Versuch am 12. August 1960 endete gut. Die Thor Delta flog wie am Schnürchen, die Oberstufe gab die Nutzlast frei, und Echo 1A blähte sich auf. Der Ballon umkreiste die Erde auf einer Höhe zwischen 1.524 und 1.684 Kilometern. Die Bahn des Satelliten war so zur Erdachse geneigt, dass er bis zum 24. August stets von der Sonne beschienen wurde. Echo 1A leuchtete wie ein heller Fixstern; man konnte ihm problemlos am Nachthimmel folgen. Er vermittelte vermutlich Millionen von Menschen das erste Raumfahrterlebnis.

Nach der ersten Erdumrundung überquerte der Satellit erneut Amerika. Die NASA-Filiale im kalifonischen Goldstone begann nun mit einem Experiment. Eine auf Tonband fixierte Ansprache von US-Präsident Eisenhower wurde hochgebeamt, von Echo 1A reflektiert und von einer Antenne an der Ostküste empfangen. Unser Film zeigt den Versuch. Weitere Tests schlossen sich an. Am 18. August ging ein Telegramm nach Frankreich;  fünf Tage später schickte die NASA Sprache und Musik an das Radioteleskop im englischen Jodrell Bank.

Die Sputnik-Kopie des HNF. Nach dem Start des Satelliten 1957 sahen viele Leute ein helles Pünktchen am Himmel: Das war aber die Oberstufe der zugehörigen Rakete.

Im Lauf der Jahre schrumpfte Echo 1A auf die Hälfe zusammen, blieb aber bis zum 24. Mai 1968 auf seiner Umlaufbahn. Nachfolger Echo 2 startete am 25. Januar 1964 und verglühte am 7. Juni 1969. Der dritte Ballonsatellit PAGEOS umkreiste die Erde von 1966 bis 1975. Bei den Nachrichtensatelliten setzten sich dann die Modelle mit bordeigener Elektronik durch, die Telefonate oder TV-Sendungen empfingen, verstärkten und weiterschickten. Im Blog stellten wir den Early Bird vor; er wurde 1965 über dem Atlantik platziert.

Zum Schluss kommen wir zum „Space Race“ zurück. Nach dem Start von Echo 1A dauerte es eine Woche bis zum nächsten sowjetischen Raumfahrterfolg. Am 19. August 1960 flogen die Hunde Belka und Strelka vom Weltraumbahnhof Baikonur los; mit ihnen flogen ein Kaninchen, vierzig Mäuse, zwei Ratten und eine unbekannte Anzahl Fruchtfliegen. Ihre Wostok-Kapsel kehrte einen Tag später zur Erde zurück. Dort können Sie noch bis zum 6. Januar 2021 die Ausstellung Aufbruch ins All im HNF besuchen. Wir freuen uns auf Sie!

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