Es begann in Honolulu: die Sega-Saga
Geschrieben am 02.06.2020 von HNF
Einst zählte Sega zu den Großen der Videobranche. In den 1980- und 1990er-Jahren kämpfte das Unternehmen mit Nintendo und Sony um den Spitzenplatz im Markt der Spielkonsolen. Gegründet wurde es am 3. Juni 1960 von Amerikanern in Japan. Seine Anfänge gehen aber in das Jahr 1940 zurück und führen uns zu einer Firma auf Hawaii.
Anfang 1940 herrschte in Honolulu tiefster Frieden. Der Krieg in Europa war weit weg, und zwischen den Hawaii-Inseln und China, wo japanische Truppen kämpften, lag der Pazifik. Im benachbarten Pearl Harbor ankerten Schlachtschiffe der US-Marine, doch ihre Crews hatten wenig zu tun. Sie waren genau die richtigen Kunden für eine Firma, die am 9. Januar 1940 in Honolulu gegründet wurde.
Sie hieß Standard Games und ihr Geschäftsführer Irving Bromberg. Die „Games“ waren Münzautomaten, einarmige Banditen und frühe Flipper noch ohne die typischen Paddeln. Die Matrosen konnten knapp zwei Jahre friedlich spielen; am 7. Dezember 1941 griffen japanische Flugzeuge Pearl Harbor an, und die USA traten in den Zweiten Weltkrieg ein. Das Automatenspiel ging weiter und nahm sogar zu, da Militärpersonal nach Hawaii strömte. Kurz vor Kriegsende schloss der 1899 in New York geborene Bromberg sein Unternehmen.
Die nächste Automatenfirma eröffnete er im September 1946, wieder in Honolulu, mit seinem Sohn Martin und einem Geschäftspartner. Der Name ihrer Firma lautete Service Games, was so viel heißt wie Spiele für die Truppe. Wer genau hinschaut, kann schon die Zukunft sehen: Die Anfangsbuchstaben der beiden Worte ergeben den Ausdruck Sega. Die Service Games florierten einige Jahre, dann schlug die Politik zu. 1951 wurde ein Gesetz erlassen, das Spielautomaten auf Militärstützpunkten innerhalb der USA verbot.
Als Reaktion darauf startete Irving Bromberg eine Firma in Tokio, die amerikanische Geräte importierte und auf US-Basen in Asien aufstellte. Sie hieß ebenfalls Service Games. Vater und Sohn Bromberg bauten nun ein Automaten-Imperium auf, das sich manchmal am Rand der Legalität bewegte. Die Behörden wurden aufmerksam, und am 31. Mai 1960 lösten sich die japanischen Service Games auf. Drei Tage später, am 3. Juni, standen zwei Nachfolger im Handelsregister. Die Utamatic Inc. übernahm den Vertrieb, die Sega Inc. kümmerte sich um die Fertigung von Automaten.
Die zwei Unternehmen verschmolzen 1964, im Folgejahr schluckten sie eine dritte in Japan tätige Automatenfirma, die der Amerikaner David Rosen leitete. Das Resultat erhielt den Namen Sega Enterprises, Rosen wurde ihr Chef. Er sagte den einarmigen Banditen Ade und konzentrierte sich auf den Import von Flippern, Schießspielen und Musikboxen. Sega legte sich außerdem eine Abteilung zu, die gebrauchte Spiele reparierte und umbaute. Auf diese Weise erwarb man technische Kompetenz, was sich 1968 auszahlte.
In jenem Jahr brachte Sega das mechanische Automatenspiel Periscope heraus, auf Japanisch Perisukōpu. Der Spieler guckte in ein Sehrohr, wie wir es von U-Booten kennen, und torpedierte feindliche Schiffe. Der Ursprung des Systems ist ungeklärt, es wurde aber ein Hit in Asien, Amerika und Europa. In der Folgezeit entwickelte Sega noch mehr Action-Spiele, die die amerikanische Konkurrenz oft und gern kopierte. Von 1969 bis 1984 gehörte die Firma dem US-Konzern Gulf and Western, sie konnte aber frei schalten und walten.
1973 erschien Pong-Tron, die Sega-Ausgabe des Klassikers Pong. Die Firma schwamm nun auf der Erfolgswelle der digitalen Arkaden mit; 1979 lag der Umsatz bei 100 Millionen Dollar. 1982 kam das Spiel Zaxxon auf den Markt, das die Welt in perspektivischer Darstellung zeigte. Am 15. Juli 1983 stellte Sega mit der SG-1000 die erste Spielkonsole für zuhause vor. Parallel dazu gab es Module für diverse Spiele und den ersten und letzten Sega-Computer, den SC-3000. In den Geräten steckte der Acht-Bit-Prozessor Z80 von Zilog.
Bis Ende 1983 verkaufte Sega 160.000 Konsolen, danach holte die Konkurrenz, sprich die Firma Nintendo auf. Nachfolger der SG-1000 war das Master System; die US-Premiere war 1986, die Europäer erhielten die Konsole ein Jahr später. Während sie in Nordamerika nur den dritten Platz im Markt belegte, wurden in Europa über sechs Millionen Stück verkauft, in Brasilien sogar acht Millionen. 1988 bescherte Sega den japanischen Gamern die 16-Bit-Konsole Mega Drive. 1990 war sie, siehe Eingangsbild, auch bei uns erhältlich. In den USA hieß sie Genesis und wurde aggressiv beworben: „Genesis does what Nintendon’t.“
Den Durchbruch brachte Sega ein blaues Stacheltier mit knallroten Schuhen. Sein erster Auftritt erfolgte im Juni 1991 im Genesis-Spiel Sonic der Igel. Mit von der Partie war Sonics Erzfeind, der wahnsinnige Wissenschaftler Ivo Robotnik. Die beiden waren von Anfang an erfolgreich. 1992 überholte Sega den Rivalen Nintendo im 16-Bit-Markt, von 1991 bis 1994 hatten Igel und Ivo im amerikanischen Weihnachtsgeschäft die Nasen vorn. Bis heute blieb Sonic die Galionsfigur von Sega; 2020 lief seine Lebensgeschichte sogar im Kino.
Nach 1994 begannen für Sega schwere Zeiten. Mit der PlayStation von Sony war ein neuer Konkurrent auf dem Markt. Die Sega-Spielkonsole Saturn startete gut, doch bald brach der Verkauf ein; das gleiche passierte 1998 beim Modell Dreamcast. 2001 endete die Hardware-Fertigung. 2004 schloss sich Sega mit der Firma Sammy – sie baut Pachinko-Automaten – zu den Sega Sammy Holdings zusammen. Sega produziert noch Software; die goldene Ära, als selbst Ottifanten zum Leben erweckt wurden, ist aber Videospielgeschichte.
Sehr geehrter Schreiber,
Ich danke dir für diesen nostalgischen Tripp in meine Kindheit.
Ich würde sehr mal wieder Sega spielen.
Danke und Gruß
Taner Tavli