Film aus dem Computer

Geschrieben am 20.11.2020 von

In den 1960er-Jahren entstanden die ersten Zeichentrickfilme mit Hilfe von Computern. Der erste lange computeranimierte Film erlebte seine Premiere am 19. November 1995. Das war „Toy Story“ aus den kalifornischen Pixar Studios. Er erzählte eine witzige und zu Herzen gehende Geschichte aus der Spielzeugwelt. „Toy Story“ war ein Riesenerfolg und gilt als Meilenstein der Filmgeschichte. 

„Es ist eine gewaltige Enttäuschung für einen Weltraumfahrer, wenn er aufgebrochen ist, um ferne Sterne zu erkunden – und dann steigt er aus seinem Raumschiff, und die neue Welt, in der er da gelandet ist, sieht aus wie das Kinderzimmer eines Siebenjährigen.“

So beschrieb der SPIEGEL die „Toy Story“, den ersten abendfüllenden Animationsfilm aus dem Computer. Hier ist die Szene zum Nacherleben. Wir sehen den Astronauten Buzz Lightyear – der Name ist vom NASA-Mondfahrer Buzz Aldrin entlehnt – und Sheriff Woody sowie die übrigen Bewohner des zitierten Zimmers. Die Geschichte knüpft an den Mythos vom Spielzeugland an, in dem Puppen, Teddybären und Stofftiere ein Eigenleben führen und Faxen machen. In den deutschen Kinos startete der Film am 21. März 1996.

Er stammte aus den USA, genauer gesagt, aus den Pixar Studios in Point Richmond, nördlich von San Francisco. Heute sitzen die Studios in Emeryville bei Berkeley. Pixar entstand aus der Computerabteilung von Lucasfilm, der Firma des bekannten Regisseurs und Produzenten George Lucas. Das Unternehmen wurde im Februar 1986 gegründet; Präsident war der Computergrafikpionier Ed Catmull. Der gerade von Apple entlassene Steve Jobs beteiligte sich mit fünf Millionen Dollar und erhielt den Vorsitz im Aufsichtsrat.

John Lasseter im Jahr 2002 (Foto Eric Charbonneau)

In der Anfangszeit drehte Pixar kurze Computerfilme und baute Grafikrechner. Jobs steckte weitere Millionen in die Firma, bis sie ihm fast ganz gehörte; 1990 verkaufte er die Hardware-Abteilung. 1991 vereinbarte Pixar mit den Walt Disney Studios die Produktion eines langen computeranimierten Spielfilms: Toy Story. Die nächsten Jahre waren eine Achterbahnfahrt; im Winter 1993/94 stoppte die Arbeit komplett. Am Ende rauften sich alle Beteiligten zusammen, bügelten kreative Differenzen aus und stellten das Projekt fertig.

Projektleiter war der 1957 in Hollywood geborene John Lasseter. Nach Abschluss der High School studierte er die Kunst der Zeichentricks und erhielt 1979 einen Job bei Disney. 1984 wurde Lasserter entlassen, fand aber eine neue Arbeit bei Lucasfilm. 1986 schloss er sich Ed Catmull an und betreute von nun an die Animationen von Pixar. Die kleine Lampe von 1986 wurde als erster Computer-Kurzfilm für einen Oscar nominiert. Der zwei Jahre später produzierte Nachfolger Tin Toy gewann jene Auszeichnung, er enthielt auch schon eine beseelte Spielzeugfigur.

An den Berechnungen der “Toy Story” wirkten 110 Personen mit, darunter 27 Zeichner und 22 Grafik-Programmierer. Hinzu kamen 117 Computer von Sun Microsystems, die rund um die Uhr liefen. Insgesamt wurden 77 Minuten Animation im Format 1.536 mal 922 Pixeln erzeugt. Die Stimmen der Figuren steuerten Menschen bei; Tom Hanks sprach die Westernpuppe Woody, sein Kollege Tim Allen intonierte Raumpilot Buzz Lightyear. Der Schauspieler wurde bei uns durch die TV-Serie „Hör mal, wer da hämmert“ bekannt.

Pixar baute auch Hardware. Das Bild zeigt einen Computer mit einer Breite von 53 Zentimetern. (Foto Computer History Museum)

Die Premiere von „Toy Story“ fand am 19. November 1995 in Los Angeles statt. Einen Tag später organisierte Steve Jobs eine zweite Erstaufführung in San Francisco; im Kino saßen unter anderem Oracle-Chef Larry Ellison und Andy Grove von Intel. Am 22. November war der Film landesweit zu sehen. Die zwanzig Millionen Dollar, die Disney für die Werbung ausgab, strömten schon am ersten Wochenende in die Kasse zurück. In den USA wurde „Toy Story“ der erfolgreichste Film des Jahres 1995; global spielte er 373,6 Millionen Dollar ein.

Das Spielzeugabenteuer mochten sowohl Kritiker als auch normale Kinogänger. „Toy Story“ eröffnete eine neue Ära der Film- und der Computergeschichte; im März 1996 gewann John Lasseter einen Oscar. In der Folgezeit betreute er weitere Animationsprojekte, die nahezu zwanzig Milliarden Dollar verdienten. Er gehört damit zu den erfolgreichsten Produzenten aller Zeiten. 2006 wurde Pixar von den Walt Disney Studios übernommen; Lasseter avancierte in beiden Firmen zum künstlerischen Leiter.

2017 musste er wegen sexueller Fehltritte die Posten ruhen lassen; 2018 schied er aus dem Disney-Konzern aus. Er ist inzwischen für die Produktionsfirma Skydance tätig. Sein alter Arbeitgeber Pixar bringt am ersten Weihnachtstag den philosophisch angehauchten Film „Soul“ heraus, allerdings nicht im Kino, sondern per Streaming. Toy-Story-Fans können hier ihre Erinnerungen pflegen, und das ist das „Making of“. Unser Eingangsbild oben zeigt Buzz Lightyear, unten folgt sein Kumpel Woody. Dieser Link führt zum Film (ab Minute 12:20).

 

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