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Heinz Nixdorf und die Mikrocomputer

Geschrieben am 07.10.2025 von

Vor vierzig Jahren, im Februar 1985, stellte die Nixdorf Computer AG einen Acht-Bit-Rechner vor. Der tragbare Nixdorf 8810/25 basierte aber auf dem RL-H7000W der japanischen Firma Matsushita, besser bekannt als Panasonic. Im Februar 1986 kam ein weiterer Acht-Bit-Computer heraus, der Nixdorf 8810 M35. Er besaß ein normales Desktop-Design. Beide Typen waren zu hundert Prozent IBM-kompatibel.

„Auch Nixdorf nimmt Notiz von den Mikros.“ Das berichtete die Computerwoche am 1. März 1985. Im Artikel hieß es weiter: „Bei dem Mikro mit der Bezeichnung 8810/25-CPC handelt es sich um eine mit dem IBM PC/XT kompatible Linie. Wie der Hersteller dazu mitteilte, ist die Aufnahme dieses Produktes die Reaktion auf die Nachfrage aus Kundenkreisen. Sowohl als Portable wie auch als Auftischgerät steht das neue Modell zur Verfügung.“

Wie das Blatt schrieb, wurde das Gerät – CPC stand für „Compact PC“ – vom Elektroriesen Matsushita in Japan entwickelt und für den deutschen Markt optimiert. Dort hieß es Nixdorf 8810/25 und kostete in der Grundversion 7.500 DM. Im Inneren steckten ein Intel-8088-Prozessor, der gleiche wie im 1981 vorgestellten IBM PC, und Speicherchips für 256 Kilobyte. Als Betriebssystem diente MS-DOS von Microsoft. Der Rechner hatte einen Neun-Zoll-Monitor und einen integrierten Thermodrucker, außerdem konnte man bis zu zwei Floppy-Laufwerke einfügen. Man sieht ihn oben in unserem Eingangsbild.

Der Nixdorf 8810/65 zählte zu den kleineren Systemen, die 1985 vorgestellt wurden. Die Chips steckten in der Monitor-Einheit. Die Firma nannte ihn einen „Personal Computer“.

Der 8810/25 war der erste echte Mikrocomputer aus Paderborn. Warum Heinz Nixdorf auf einen tragbaren und fünfzehn Kilo schweren Rechner setzte, ist nicht bekannt; vielleicht dachte er an den erfolgreichen Compaq Portable. Was diesem fehlte, nämlich der Drucker, fand Nixdorf im Matsushita RL-H7000W. Der kleine Japaner kam 1983 heraus, angeboten wurde er auch als „Senior Partner“ unter der Marke Panasonic. Ein Video zeigt ihn in Aktion, hier geht es zu einer Broschüre über den deutschen Abkömmling.

Neben dem 8810/25 präsentierten die Paderborner die „Professional Workstation” PWS und den „System PC“ 8810/65-SPC. Die PWS war wahrscheinlich eine Nachfolgerin des Acht-Bit-Systems Nixdorf 8810/30 von 1983. Der Rechner, eine Entwicklung der Kölner Firma DB-DC Orga, kombinierte ein Terminal mit einer PC-Einheit, die ein CP/M-ähnliches Betriebssystem besaß. Der SPC enthielt den Sechzehn-Bit-Chip Intel 80186 und einen normalen Nixdorf-Monitor. Auch er ließ sich als Terminal für einen Zentralrechner und als Einzelgerät nutzen.

Die Acht-Bit-Computer Nixdorf 8810/30 (links) und Nixdorf 8810/25 in der HNF-Ausstellung. Unter der Klappe sitzt der Thermodrucker.

Wie ein typischer Personal Computer wirkte bei der nächsten Produkt-Premiere im Februar 1986 der Nixdorf 8810 M35, siehe das Foto unten. Die Elektronik stammte von Matsushita und enthielt einen NEC-Prozessor, der dem Intel 8088 entsprach. Die Grundausführung kostete 7.480 DM, eine Festplatte mit zehn Megabyte hob den Preis nahe an die 10.000-DM-Grenze. Das Betriebssystem hieß wieder MS-DOS. Anders gesagt: Die Nixdorf-Mikros wiesen – wir zitieren aus der Broschüre zum 8810/25 – „praktisch 100%-IBM-Kompatibilität“ auf.

Die Nähe kontrastiert zur Hassliebe, die Heinz Nixdorf für IBM empfand. Der Zeitschrift „Computer Magazin“ sagte er Ende 1984: „Es gibt eine Firma, die jede Menge Mist machen kann, und auch der Mist wird Weltstandard. Wenn jemand 70 Prozent Marktanteil hat, kann er machen, was er will.“ Wie Nixdorf-Biograf Klaus Kemper berichtete, wurde die Passage vor dem Abdruck entfernt. Letzten Endes siegte bei Nixdorf die wirtschaftliche Vernunft, und er gab den Kunden eine Rechnerfamilie, mit der sie etwas anfangen konnten. Den Einfluss von Microsoft scheint er nicht erkannt zu haben, doch den gleichen Fehler machte IBM.

Der Desktop Nixdorf 8810 M35 kam im Februar 1986.

Der 8810 M35 war der letzte Mikro, der zu Lebzeiten von Heinz Nixdorf auf den Markt kam – der Unternehmer starb am 17. März 1986 auf der CeBIT in Hannover. Auf der Kölner Orgatechnik-Messe im Oktober 1986 erschien der Nixdorf 8810 M55, ein weiterer Desktop-Computer. Er ging auf ein System des US-Herstellers NCR zurück. 1988 lagen die 8810-Typen M45, M55 und M75 sowie der Laptop M15 vor, danach wurde das Angebot unübersichtlich. So tauchte wieder ein Modell 8810/30 auf. Von 1986 bis zum bitteren Ende 1990 brachten die kleinen Rechner jedes Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag in die Nixdorf-Kasse.

Wer noch mehr über Mikrocomputer aus Paderborn wissen will, findet es in der Abteilung des HNF über die Nixdorf Computer AG. Sie wurde nach einer Überarbeitung im April von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst eröffnet. Hier geht es zu einem Podcast über Heinz Nixdorf, in dem man den HNF-Kurator und Nixdorf-Biografen Dr. Christian Berg hört; die Fragen stellt Stefani Josephs. Der Link zum Gespräch ist unten auf der Seite.

Nixdorf 8810 M55: Diese Version entstand für die Ausstellung „Der gläserne Computer“.

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2 Kommentare auf “Heinz Nixdorf und die Mikrocomputer”

  1. Norbert Reinhold sagt:

    Damals machte folgendes die Runde:
    Heinz Nixdorf soll auf die Frage, ob er auch PCs bauen werde, gesagt haben, Daimler-Benz baue auch keine Mofas.

  2. Achim Schäfer sagt:

    Hinsichtlich PCs war Heinz Nixdorf genauso „verblendet“ wie Ken Olsen von Digital Equipment. Ähnliches Verharren in der eigenen „Blase“ habe ich persönlich als Student und Sohn des GF eines „Hof-Lieferanten“ der Bundespost in der gleichen Zeit (frühe 80er) erlebt: obwohl völlig klar war, dass Vermittlungsstellen künftig digital sind und in den „Endgeräten“ (also den Telefonen) ICs einziehen werden, beharrten das FTZ (Fernmeldetechnische Zentralamt in Darmstadt) und 11 der 12 „Hof-Lieferanten“ darauf, dass auch künftige Telefone aufgebaut sind wie seit den Zeiten des W48: Übertrager, getrennte „Klingel“ („Wecker“ genannt) usw. Die Firma meines Vaters lieferte u.a. jene „Wecker“ in Riesen-Stückzahlen (inkl. einer elektronischen Variante, aber immer noch aufgebaut wie vor hundert Jahren!). ABER anders als dem FTZ und den anderen Hoflieferanten (inkl. Siemens) war uns beiden völlig klar, dass das ganz schnell Vergangenheit sein würde: ein Custom-IC, das alle Funktionen abdecken kann auf einem kleinem „Mainboard“, Elektret-Mikro, Speaker, Piezo-Scheibe als „Wecker“, ein paar Dioden, Treiber-Transistoren und Kleinkram – fertig. Mein Vater überzeugte zum Glück den Firmen-Inhaber von dieser Sicht und man zog sich aus dem Bundespost-Geschäft rechtzeitig zurück. Diese Firma existiert noch heute, die meisten der anderen „Hof-Lieferanten“ aber nicht mehr!

    Und ganz speziell zu Nixdorf: hier im Blog habe ich jetzt endlich die Ursache für etwas gefunden, über dass ich mich so um 1988 heftig gewundert hatte: ich hatte damals ein Entwicklungsbüro für Hard- und Software und wir hatten den Auftrag, ein Interface von Nixdorf zu „reverse engineeren“ für einen Dritt-Anbieter. Ich wunderte mich damals, dass selbst innerhalb einer „Baureihe“ (gleiche Haupt-Nummer) irgendwie nichts wirklich hardware-kompatibel war. Jetzt weiss ich, dass viele der „Nixdorf“-Maschinen eigentlich zugekauft oder wo anders entwickelt wurden…

    Ähnliches habe ich vor ca. 10 Jahren allerdings auch bei Leitz (Leica) erlebt: ich hatte einen Auftrag für ein anderes kleines Entwicklungsbüro die Ansteuerung eines Foto-Sensors zu entwickeln. Dabei kam dann heraus, dass der „Kunde“ Leitz war und dieses kleine Büro auch noch andere Industrie-Projekte für „Wetzlar“ entwickelte.

    Zur „Ehrenrettung“ für „Paderborn“: 2015 war ich etliche Monate in der ehemaligen Nixdorf-Fertigung (wurde damals pseudo-selbstständig) damit beschäftigt, eine neue Software für die Fertigungssteuerung anzupassen/installieren. Da arbeiteten noch sehr viele Personen aus der Nixdorf-Zeit (einschl. des „Chefs“ dieses Zweigs) – und ich habe nur einmal in meinem Berufsleben ein ähnlich gutes Betriebsklima erlebt! Extrem engagiert, gleichzeitig aber extrem kollegial bis zur „höchsten“ Ebene!

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