IBMPC

IBM, Microsoft und der Personal Computer

Geschrieben am 10.08.2021 von

Am 12. August 1981 stellte die IBM in New York den Personal Computer vor. Er war sicher nicht der beste, doch einer der einflussreichsten Rechner aller Zeiten. Eine besondere Rolle spielte dabei die Zusammenarbeit der IBM mit der jungen Firma Microsoft. Vierzig Jahre nach der PC-Premiere möchten wir schildern, wie jene Kooperation wirklich zustande kam.

„Mit dem ‚Heimcomputer‘, Zwischending von Taschenrechner und EDV-Anlage, drängt die Elektronik-Industrie in Büros, Schulen und Privathaushalte. Auf diesen neuen Markt stößt nun auch IBM vor.“ Das stand am 24. August 1981 im SPIEGEL. Der Artikel schilderte die Vorstellung eines „IBM-Heimcomputers“ zwölf Tage vorher und zitierte unter anderem den Apple-Präsidenten Mike Markkula: „Wir sehen nichts Ungewöhnliches, keine größeren technologischen Durchbrüche.“.

Vierzig Jahre später sind wir schlauer. Tatsächlich läutete die Präsentation des IBM Personal Computer am 12. August 1981 eine neue Ära der Informatik ein. Die bunte Kleinrechnerszene der Siebziger und Achtziger verwandelte sich in unsere Laptop- und Smartphone-Welt mit wenigen Gerätetypen, Chipfabrikaten und Betriebssystemen. Die Geschichte des IBM PC begann Mitte Juli 1980. Die Spitze der Firma gab damals dem Manager William Lowe freie Hand zur Entwicklung eines kleinen Computers. Lowe leitete den Bereich Einstiegssysteme im IBM-Standort Boca Raton in Florida.

Lowe bildete ein Team, das die Elemente des Computers auf dem freien Markt besorgen sollte. Für Software zuständig war der 51 Jahre alte Jack Sams. Am 22. Juli 1980 klopften er und ein IBM-Kollege bei Bill Gates an. Seine Firma Microsoft saß in Bellevue nahe Seattle im Nordwesten der Vereinigten Staaten; sie bot Programmiersprachen für Acht-Bit-Systeme und Erweiterungskarten für das Betriebssystem CP/M an. Das Gespräch diente zunächst zum Kennenlernen.  Am 21. August 1980 rückte Sams erneut an und brachte drei Kollegen mit.

Bill Gates und Microsoft-Mitgründer Paul Allen 1980. (Foto Computer History Museum)

Bill Gates unterschrieb alle Verschwiegenheitserklärungen, danach erzählte Jack Sams, was er suchte: ein Betriebssystem für einen 16-Bit-Computer. Er dachte an eine Abwandlung der CP/M-Karte. Gates klärte ihn auf, dass dies technisch unmöglich wäre, da die Karte nur in Acht-Bit-Rechnern arbeiten würde. Er verwies die IBM-Besucher auf den Erfinder von CP/M, den Informatiker Gary Kildall, der in Kalifornien das Unternehmen Digital Research betrieb. Sams und seine Kollegen setzten sich ins Flugzeug und düsten von Seattle nach Süden.

Am nächsten Tag kam es in Pacific Grove – der Ort liegt 140 Kilometer südlich von San Francisco – zum Treffen zwischen Jack Sams und Dorothy Kildall. Der Digital-Research-Chef war auf Dienstreise und überließ die Geschäftsführung sowieso seiner Frau. Bis heute streiten sich die Experten, ob Gary Kildall am Nachmittag in die Firma zurückkehrte. Sicher ist, dass Dorothy Kildall die Geheimhaltungserklärung verweigerte und das Gespräch ohne konkretes Ergebnis endete. Die Parteien blieben in Kontakt, denn Digital Research arbeitete an einem 16-Bit-Betriebssystem; es war aber noch lange nicht fertig.

IBM wandte sich erneut an Microsoft, und Bill Gates half. Er wusste von der Firma Seattle Computer Products oder SCP in der Nachbarschaft; sie bot ein Betriebssystem für Systeme an, in denen der 16-Bit-Prozessor Intel 8086 steckte. Erstellt hatte es der 24 Jahre alte Programmierer Tim Paterson. Der von der IBM geplante Mikrocomputer sollte den technisch ähnlichen Intel-8088-Chip enthalten. Microsoft erwarb für 25.000 Dollar eine Lizenz für das Betriebssystem und durfte es danach an Dritte weitergeben. Von der Rolle der IBM erfuhr SCP-Leiter Rod Brock nichts.

Aus 86-DOS von Seattle Computer Products wurde dann IBM PC DOS 1.0. Die Hauptarbeit beim Umschreiben leistete der Mathematiker Robert O’Rear, der seit 1977 für Bill Gates tätig war. Der Vertrag zwischen Big Blue und Microsoft wurde am 6. November 1980 in Seattle unterzeichnet. Gates und seine Mannen bekamen 430.000 Dollar für ihr Betriebssystem und für Programmiersprachen, sie behielten das Recht, weitere Lizenzabkommen abzuschließen. Erst im Juli 1981 kaufte Microsoft bei SCP die komplette Software 86-DOS für 50.000 Dollar.

Gary Kildall in den 1980er-Jahren (Foto Computer History Museum)

Am 12. August 1981 enthüllte IBM-Manager Don Estridge – er hatte William Lowe in Boca Rotan als Projektleiter abgelöst – den Personal Computer in New York. Wir schilderten das Ereignis im Blog. Der PC wurde, wie man weiß, ein Riesenerfolg, und viele Software-Studios produzierten Programme für ihn. Hardware-Hersteller bauten zum PC kompatible Geräte, die besser und billiger waren; ein gutes Beispiel ist die Firma Compaq. Die Gewinner waren stets die Chipschmiede Intel und der Betriebssystem-Lieferant Microsoft; auch die geklonten Computer rechneten mit einer DOS-Version.

Der tragische Held unserer Geschichte ist Gary Kildall. Er merkte schnell, dass DOS 1.0 in seinem CP/M wurzelte, denn Tim Paterson hatte sich daran orientierte, als er sein 86-DOS verfasste. Die IBM sah das ebenfalls und bot für den PC neben DOS 1.0 das Betriebssystem CP/M-86 von Digital Research an. Das geschah aber erst im Frühjahr 1982 und zu einem Preis von 240 Dollar; das Microsoft-System kostete nur vierzig Dollar. Bis zum Ende seines Lebens fühlte sich Kildall um die Früchte seiner Arbeit betrogen; er starb 1994 mit 52 Jahren an einer nicht erkannten Schädelverletzung.

Wenig später entstand der Fernsehfilm Triumph of the Nerds, der von der Evolution des Mikrocomputers erzählt. Ab Minute 56:00 geht es um den IBM PC, und wir treffen William Lowe, Jack Sams, Tim Paterson und Bill Gates. 2001 brachten die Computer Chronicles ein Special über Gary Kildall, der die Serie jahrelang moderierte. Ab Minute 17:00 wird das folgenreiche Meeting vom 22. August 1980 in Pacific Grove behandelt. Eine PC-Historie zum Nachlesen findet sich hier und hier. Der PC unten und im Eingangsbild ist der im HNF.

 

Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

4 Kommentare auf “IBM, Microsoft und der Personal Computer”

  1. Peter Katzmann sagt:

    Wir hatten damals an unserer Schule 2 IBM PC’s zur Einführung geschenkt bekommen. Mein damaliger Lehrer Manfred Weber war in Rheinland Pfalz sehr engagiert gewesen im EDV Unterricht und bildete auch andere Lehrer in der Nutzung aus.
    Ich war schon sehr enttäuscht über diese Systeme im Vergleich zu unseren TA Alphatronic PCs.
    Schlechter Bildschirm, keine besondere Darstellung, klumpige Tastatur und bis man ein BASIC Programm schreiben konnte vergingen ja erst mal gefühlt Stunden bis der Interpreter endlich geladen worden ist. Welcher dann auch noch nicht mal besonders gut war.

    1. Helmut Wiertalla sagt:

      Zu welcher Zeit (Jahr?) haben Sie damals mit einem IBM PC gewerkelt / gearbeitet?
      Aus dem Text „…enttäuscht über diese Systeme…“ – welche sind damit eigentlich gemeint.

      Welche TA alphaTronic’s wurden denn im Vergleich im Einsatz /Schule.

      Bereits 1979 TA P1/P2:
      Damals stellte ich die TA alphaTronic P1/P2 (mit BASIC Interpreter / cp/m 4300h TPA, und cp/m 100h TPA und ++) bei der SYSTEM 1979 in München, September vorgestellt.
      Erst wurde gleich die TA alphaTronic P1 in 1979 und gleich 1980 die TA P2 vertrieben.
      Die TA P1/P2 Systeme wurden ja von sks, Karlsruhe entwickelt. Die Software zur Einführung und Übergabe an TA, war ich damals als Leiter der sks – Softwareentwicklung.

      Nach 1981:
      Die anderen TA alphaTronic PC8 und die PC16 wurden ja recht später nach 1981 (IBM PC) in Fernost gebaut und von TA vertrieben.

  2. Hildegard kiunke sagt:

    Ich finde die Computer-Geschichte unglaublich spannend und würde sie gerne von besser verstehen mit meinen 90 Jahren. Ich erinnere mich noch an den kleinen Studenten-Computer von meinem Sohn, das muss vor etwa dreißig Jahren gewesen sein. Man musste immer erst eine kleine Karte einstecken. Ich hatte an einem Pfingsttag ohne Frühstück und im Nachthem, 17 handgeschriebenen Buches abgetippt, am zweiten Pfingsttag wolle ich drucken. Aber dieser kleine Bursche hatte alles verschluckt. Da war ich bedient und hab erst ein paar Jahre später einen neuen Versuch gemacht, mit einem richtigen PC, den hatte ich dem anderen Sohn abgekauft. Heute schreibe ich ich auf einem Computer von PC und fühle mich manchmal als toller Prof und manchmal zu ganz kleinen Versage. Aber es ist immer noch spannen. Leider finde ich keine andere Frau in meinem Alter, die meinen Spaß am Comptuern teilt.
    mit freundlichsten Grüße hildegard@kiunke

  3. Achim Schäfer sagt:

    „Wir“ (eine kleine Gruppe von Nerds in München in den frühen 80ern) hatten schon sehr früh dank unserer Abos der US-Zeitschrift „byte“, die über eine Uni-Buchhandlung mit ca. 4 Wochen Verspätung zu uns kam, ausführliche Infos über den IBM PC. „Zuhause“ hatten wir unsere in der Regel selbstgebauten Z80-Maschinen mit ECB-Bus und CP/M2.2 samt selbstgeschriebenem BIOS, als Werkstudent zu der Zeit habe ich am Institut für Elektroakustik der TU München ziemlich viele Comupter mit dem 16-Bit-Prozessor TMS 9900 von TI teilweise entwickelt (CPU- und Speicherplatinen) und vor allem aufgebaut.

    Ja und dann im Sommer 1983 habe ich das erste Mal dieses IBM-„Wunderwerk“ in Natura gesehen: eine elendige Blechkiste, das Mainboard zwei Jahre nach Produktionsbeginn noch immer mit Wire-Wrap-Drähten „geflickt“ und ein mickriges 63-W-Netzteil, das mit einem lauten Ventilator gekühlt werden musste! Wir hatten in unseren „Kisten“ teilweise 150W-Linear-Netzteile mit Konvektionskühlung oder, wenn wir das Geld hatten, ebensolche Schaltnetzteile, deren Kühlkörper man beinahe mit der Lupe suchen musste – nix „Windmaschine!“.

    Und dann noch diese beiden Dioden-Buchsen auf der Rückseite! Eine für die Tastatur, ok, geht ja gerade noch! Aber 1983 eine Kassetten-Rekorder-Schnittstelle an einem PROFI-Gerät???

    Da wir aber schon kapierten, dass die Zukunft bei diesen x86-Prozessoren und MS-DOS liegt, kauften wir dann zum jahresende 1983 in unserer Gruppe insgesamt 6 DEC Rainbows, diese waren nicht nur billiger und konnten dank zweier CPUs (und optional einer „GPU“ wie in meinem Exemplar) sowohl CP/M-80- aber auch CP/M-86 UND MS-DOS-Programme ausführen! Und diese Maschinen waren formschöner und gleichzeitig wirklich professionell konstruiert!

    Aber die Geschichte lief dann anders… Einerseits die Marktmacht von IBM, andererseits eine Menge Programmierer, die einerseits sinnvolle Software für Büro, Industrie usw. schrieben, andererseits aber keinerlei Ahnung von ordentlicher Programmierung hatten: statt I/O usw. über die wirklich seitens Microsoft gut dokumentierten APIs abzuwickeln, griff man direkt auf die IBM-PC-spezifische Hardware zu, selbst dort, wo es keinerlei Performance-Gewinn brachte. Diese Unsitte hielt sich ja noch sogar zu Zeiten von Windows 2000 – wo es dann (von Third-party-Anbietern) diese idiotischen „Treiber“ gab, um einer alten Software direkten Hardware-Zugriff zu geben! Richtig „schön“ waren auch die ersten Treiber von Novell (Netware) für Windows NT, die ebenfalls ziemlich heftig am Betriebssystem vorbei arbeiteten…
    Und noch ein kleiner Exkurs zu den 8-Bit-PCs von TA: die sahen zwar recht nett aus, deren BIOS bzw. ihr Disketten-Format war aber total „verhunzt“: „wir“ (bzw. unser „Z-80-Assembler-Genie“ Gerhard Bundle) haben die Disketten für die TA-Maschinen mit einem anderen Interleave (also dem Sektor-Versatz innerhalb einer Spur) und den Maschinchen damit richtig „Beine“ gemacht… Unsere eigenen Kisten waren trotzdem bei vergleichbarer Hardware noch einiges flotter, denn Gerhard hatte das BIOS für „unsere“ uPD765-Floppy-Controller so aufgebohrt, dass – auf Kosten von etwas RAM – nicht nur der jeweils angeforderte Sektor gelesen wurde, sondern die gesamte Spur mit 8, 9 oder teilweise 10 Sektoren auf einen Schlag – ein frühes Caching!

Schreibe einen Kommentar zu Achim Schäfer Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir stellen diese Frage, um Menschen von Robotern zu unterscheiden.