Mit Microsoft über den Wolken
Geschrieben am 11.11.2022 von HNF
Von vierzig Jahren erschien der erste Flight Simulator von Microsoft; die Firma feiert den runden Geburtstag am 11. November. Das Programm basierte auf einer älteren Software des amerikanischen Ingenieurs Bruce Artwick; er schrieb sie für den Apple II. Der Microsoft-Flugsimulator wird seit 1982 stetig verbessert und ausgebaut; er zählt zu den populärsten Computerspielen aller Zeiten.
Es begann im Januar 1980. Damals brachte die in Illinois ansässige Sublogic Corporation das Programm Flight Simulator heraus. Es kostete 25 Dollar und lief auf dem Mikrocomputer Apple II – wir haben es im Blog geschildert. Der Autor war der 27 Jahre alte Ingenieur und Privatpilot Bruce Artwick. Seine Software verwandelte den Acht-Bit-Rechner in das Cockpit eines Propellerflugzeugs; bis Juni 1982 verkaufte Sublogic 30.000 Kopien.
Noch 1980 erschien eine Variante für den Heimcomputer Tandy TRS-80. Artwicks Simulator war ein Meisterwerk der Programmierung; erst im Sommer 1982 kam ein Konkurrenzprodukt, die Flight Simulation für den Sinclair ZX81. Bei uns hieß das Programm Flug-Simulation. Zur gleichen Zeit arbeiteten die Firmen Sublogic und Microsoft – ihre Büros lagen in Bellevue östlich von Seattle – an einer neuen Version. Sie war für den Personal Computer von IBM gedacht, einer Sechzehn-Bit-Maschine mit einem Betriebssystem von Microsoft.
Die Software lag im November 1982 vor, hieß Microsoft Flight Simulator und kostete fünfzig Dollar. Der Monitor zeigt im unteren Teil die Instrumente des Cockpits und im oberen die Aussicht aus dem Fenster; man kann nach vorn, nach hinten und seitlich hinausschauen. Eine Laufschrift teilt außerdem Informationen zu Flughäfen und zur Wetterlage mit. Den Steuerknüppel ersetzen die Tasten im rechten Teil des Keyboards, Gas gegeben wird mit den F-Tasten, die beim IBM PC zwei Reihen auf der linken Seite füllten.
Das Programm simuliert eine einmotorige Cessna 182; auch das Cockpit ähnelt dem der Maschine. Als Startbasis dient der Meigs-Flugplatz von Chicago. Er befand sich einst auf einer aufgeschütteten Halbinsel im Michigansee und besaß eine 1,2 Kilometer lange Start- und Landebahn. 1933 und 1934 fand dort die Chicagoer Weltausstellung statt. Ab 1948 herrschte Flugbetrieb, 2003 wurde der Platz in einer Nacht- und Nebelaktion geschlossen. Im Simulator lebt er neben 22 anderen Airports weiter, die die erste Version für Starts und Landungen am heimischen Computer anbot.
Die Microsoft-Software enthält bekannte Gebäude wie das John Hancock Center und den Sears Tower von Chicago oder die Golden Gate Bridge von San Francisco. Eine Zugabe ist das Schießspiel „British Ace“, bei dem der User gegen sechs deutsche Flugzeuge aus dem Ersten Weltkrieg kämpft. Hier liegt das Handbuch zum Programm; das ist eine Besprechung von 1983. Einen Eindruck vom Spiel vermittelte dieses Video, und ausprobieren lässt es sich hier. Rechts unten stehen vier Varianten zur Wahl, bitte die Bedienung selbst ermitteln.
In den 1980ern-Jahren folgten auf die Urfassung des Simulators die Versionen 2.0, 3.0 und 4.0. In dieser startet neben der Cessna ein Learjet, ein Doppeldecker und ein Segelflugzeug, darüber hinaus können die Spieler eigene Luftfahrzeuge entwerfen. Der Monitor zeigt nicht nur das Cockpit, sondern auch Außenansichten der Maschine, die gespeicherten Daten ermöglichen Flüge über die ganze USA. Durch den Fortschritt der Chiptechnik verbesserte sich die Software immer mehr, und aus den vier Flugzeugen wurde eine richtige Luftflotte. Parallel dazu bildete sich eine engagierte Nutzer- und Programmierergemeinde heraus.
Den besten Überblick zur Geschichte des Programms bietet wohl die Internetseite des tschechischen Offiziers Josef Havlik; eine etwas ältere Website stammt vom Holländer Jos Grupping. Die vorläufig letzte Version des „Flight Simulator“ erschien 2020. Zum runden Geburtstag verteilt Microsoft eine kostenfreie 40th Anniversary Edition. In die Luft gehen können auch die Besucher des HNF; der Flugsimulator mit Pilotensitz und drei Monitoren – siehe Eingangsbild – befindet sich im zweiten Obergeschoss bei den Mikrocomputern.
Der „Flight Simulator“ ist eines der erfolgreichsten Computerspiele der Welt und das älteste noch im Handel befindliche Produkt von Microsoft. In seinen vierzig Jahren stellten sich ähnliche Programme anderer Firmen ein; das ist eine engere und das eine weiter gefasste Übersicht. An deutschen Erzeugnissen entdeckten wir den Simulator eines Airbus – mehr dazu steht hier – sowie die Marken Aerofly und Aerowinx. Spaß macht Pushing Tin von der Deutschen Flugsicherung. Die Jets werden mit der Maus durch direkte Berührung oder das Ziehen einer Linie von der Nase aus gesteuert. Fliegen kann so einfach sein!