Und den Oscar bekommt – der Computer
Geschrieben am 03.03.2016 von HNF
Seit den 1950er-Jahren gibt es längere und kürzere Filme, in denen es um Computer oder um Mathematik geht. Mancher Streifen erhielt die höchste Auszeichnung der Branche, den amerikanischen Academy Award, besser bekannt als Oscar. Andere gewannen den Preis eines internationalen Festivals. Seit 1987 wurden außerdem noch Filme gewürdigt, die ganz oder teilweise am Computer entstanden.
Nein, es hat nicht geklappt für Steve Jobs. Der Oscar für die Hauptrolle ging Sonntagnacht nicht an Michael Fassbender, sondern an Leonardo DiCaprio, und Alicia Vikander wurde statt Kate Winslet als beste Nebendarstellerin gekrönt. Computerfilmfans konnten sich aber über den Preis für Ex Machina in der Rubrik visuelle Effekte freuen. Unser Eingangsbild ist dem Roboterdrama entlehnt. Außerdem gab es wieder einmal den Animationsoscar für die Pixar-Studios – dazu später mehr.
Der erste Computerfilm, der einen wichtigen Preis gewann, war Alphaville. Trenchcoat-Held Lemmy Caution, gespielt von Eddie Constantine, besiegt dort den bösen Alpha 60. Der Science-Fiction-Krimi von Avantgarde-Regisseur Jean-Luc Godard bekam 1965 den Goldenen Bären der Filmfestspiele von Berlin. Elektronengehirn und Zukunftsstadt musste man sich ohne Spezialeffekte imaginieren, doch drehte Godard auch in einem Rechenzentrum mit französischen Bull-Computern. In den weißen Kitteln steckten Freunde des Regisseurs aus der Kritikerbranche.
In amerikanischen Kinos lief 1965 The Dot and the Line an, der den Oscar für den besten kurzen Trickfilm bekam. Der 10-Minuten-Streifen wurde durch den Geometrie-Roman Flächenland inspiriert und schildert die Liebe zwischen einem weiblichen Punkt und einer männlichen Strecke, die schließlich zum Happy End führt. Die Walt-Disney-Animation Donald in Mathmagic Land hatte es 1960 in der Kategorie der kurzen Dokumentarfilme nur bis zu einer Oscar-Nominierung gebracht.
1969 erhielt der SF-Klassiker 2001, in dem der mordlustige Superrechner HAL mitwirkte, den Academy Award für visuelle Effekte. Danach herrschte jahrelang Ruhe an der Oscarfront. 1987 begann die Ära der Computeranimation. In jenem Jahr gab es einen Silbernen Kurzfilm-Bären für die kleine Lampe Luxo jr. von Pixar. 1989 erhielt Tin Toy aus demselben Studio den Oscar für kurze Trickfilme. Der vollanimierte Blechmusikant setzte sich dabei gegen den teils hand- und teils computergezeichneten Technological Threat durch.
1996 wurde Pixar-Animator John Lasseter mit einem Spezialoscar für die abendfüllende Toy Story geehrt. 2002 führte die US-Filmakademie endlich Preise für lange Trickfilme ein, was den kalifornischen CGI-Spezialisten bis heute weitere acht Oscars bescherte. Die beiden letzten Academy Awards gab es 2013 für Brave, deutscher Titel „Merida – Legende der Highlands“, und am Sonntag für die Teenager-Gehirn-Komödie Inside Out alias „Alles steht Kopf“.
Doch zurück in die Neunziger. Damals zogen Computereffekte in normale Filme ein, etwa in Gestalt des aus Flüssigmetall bestehenden T-1000, der als Terminator 2 gegen Arnold Schwarzenegger antrat. Teilweise computeranimiert wurden auch die Dinosaurier im Jurassic Park. Der Lohn waren 1992 und 1994 je drei Oscars für Tonschnitt, Tonmischung und visuelle Effekte, der Terminator bekam den Preis für das Make-up. Die drei audiovisuellen Oscars verdiente sich im Jahr 2000 ebenso die Matrix. Einen vierten gab es damals für den Filmschnitt.
1998 wurde ein Film gewürdigt, der ein mathematisches Naturtalent zeigte: Good Will Hunting. Die Drehbuchautoren Matt Damon – der die Hauptrolle spielte – und Ben Affleck nahmen dafür den Oscar mit und Robin Williams den für die männliche Nebenrolle. Zuvor hatte Damon einen Berliner Bär in Silber für seine herausragende Einzelleistung erhalten. Richtig abräumen konnte 2002 A Beautiful Mind – bester Film, beste Regie, bestes adaptiertes Drehbuch und beste Nebendarstellerin. Russell Crowe als Mathematiker John Nash ging leider leer aus.
Drei Oscars nahm 2010 The Social Network mit, eine Verfilmung der Karriere von Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg. Nur einer fiel 2015 für die Alan-Turing-Biographie The Imitation Game ab: Graham Moore gewann den Preis für adaptierte Drehbücher. Sein Skript war nicht frei von Fehlern, wie wir in einem Blogbeitrag zeigten, er machte sie aber durch eine bewegende Danksagung wieder wett. Sein „Stay weird – stay different“ beeindruckte Millionen von Zuschauern im Saal und am Fernseher.
Die Oscar-Verleihung vom 22. Februar 2015 betraf aber noch zwei weiteren Filme zur Infomatik. Als beste lange Animation wurde Big Hero 6 der Walt Disney Pictures prämiert, deutsch „Baymax – Riesiges Robowabohu“, und als beste Dokumentation Citizenfour von Laura Poitras. An der Produktion über den Whistleblower Edward Snowden wirkten auch der NDR und der Bayerische Rundfunk mit.
Nachzutragen bleibt noch der Oscar für das beste Originaldrehbuch, den der Amerikaner Spike Jonze vor zwei Jahren gewann. Sein Science-Fiction-Film Her, bei dem er auch Regie führte, schildert die Beziehung zwischen einem Mann und einer künstlichen Intelligenz, die sich über eine Frauenstimme artikuliert. Denn Computer kennen die Liebe, und die ist und bleibt doch das Wichtigste im Kino.