100 Jahre auf der Museumsinsel

Geschrieben am 06.05.2025 von

Gegründet wurde das Deutsche Museum schon 1903, sein Hauptgebäude in München bezog es erst am 7. Mai 1925. Das vom Ingenieur Oskar von Miller konzipierte Haus zählt zu den großen Technikmuseen der Welt; es setzte Maßstäbe in der Wissensvermittlung. 1925 zeigte es schon Rechenmaschinen; mit der Darstellung der Computer hatte das Museum aber seine Probleme.

Sein voller Name lautet Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik, doch Gründervater Oskar von Miller ging davon aus, dass ihn kaum jemand im Kopf behalten würde. Seine Annahme bestätigte sich am 7. Mai 1925, als das „Berliner Tageblatt“ auf der ersten Seite Die Eröffnung des Deutschen Museums schilderte.

Eingeweiht wurde vor hundert Jahren allerdings nicht das Museum, sondern sein bis heute benutztes Hauptquartier auf einer Isarinsel in München. Für die Vorgeschichte, die mit der Gründungsphase im Mai und Juni 1903 begann, verweisen wir auf den umfangreichen Artikel der Wikipedia und die Website des Deutschen Museums selbst. Hier findet sich auch ein Film vom Festumzug, der am 5. Mai 1925 durch die Münchner Innenstadt führte. Details zu den Exponaten lieferte damals ein Amtlicher Führer durch die Sammlungen.

Das Deutsche Museum ist wahrscheinlich das einflussreichste Museum seiner Art. Direkte Nachahmungen eröffneten 1933 in Chicago und 1936 in Stockholm; seine didaktischen Methoden wurden von vielen anderen Ausstellungshäusern übernommen, teilweise auch vom HNF. Das Projektionsplanetarium, dass die Firma Zeiss für Oskar von Miller schuf, verbreitete sich als astronomisches Lehrmittel über den Globus. Uns interessiert natürlich, wie das Deutsche Museum die Rechen- und Computertechnik behandelte.

Blick in die 2022 eröffnete Robotik (Foto Deutsches Museum, München | Hubert Czech)

Der Sammlungsführer von 1925 beschrieb eine Abteilung für Mathematik mit zwei Räumen. Der eine präsentierte Rechenmaschinen, logarithmische Instrumente und Planimeter zur Flächenmessung. Auf einem Tisch lagen Modelle, die die Besucher ausprobieren konnten, die Wände füllten Erläuterungen zur Mathematikgeschichte und Bronzeplaketten von Blaise Pascal, Gottfried Wilhelm Leibniz und Philipp Matthäus Hahn. Der zweite Raum widmete sich der Geometrie und der Perspektive; er enthielt Zirkel aller Art und Pantografen zum Übertragen von Zeichnungen.

Die Ausstellung, die auf den Münchner Mathematiker Walther von Dyck zurückging, schloss 1954. Am 7. Mai 1968 wurde im ersten Stock eine 1.500 Quadratmeter große Abteilung für Nachrichtentechnik eröffnet; den Festvortrag hielt der Informatiker Karl Steinbuch. Einer der elf Bereiche befasste sich mit Informationsverarbeitung; hier stand ein Digitalcomputer, der 1961 von Konrad Zuse angefertigte Nachbau des Relaisrechners Z3. Das Original war 1941 der erste funktionsfähige programmierbare Rechenautomat, der im Krieg verloren ging.

Daneben gab es Modelle der Informationsdarstellung, der logischen Verknüpfungen und der Speicherung sowie Relais, Röhren, Transistoren und integrierte Schaltungen. Die Prinzipien der Speicherung, die Peripherie eines Computers und der Ablauf eines Programms wurden erklärt. Im Erdgeschoss des Museums in der Abteilung Wasserbau befand sich ab 1976 ein analoges Rechengerät, ein Gezeitenrechner von 1938. Im Treppenhaus fand Konrad Zuses Relaiscomputer Z4 von 1945 seinen Platz; Steve Jobs sah ihn im Jahr 1985.

Transistoren von Herbert Mataré aus dem Jahr 1948 in der neuen Elektronik-Abteilung (Foto Deutsches Museum, München | Reinhard Krause)

Drei Jahr später wanderte die Z4 ins dritte Obergeschoss: dort startete im Mai 1988 der neue Museumsbereich Informatik und Automatik. Er zeigte Rechenmaschinen, mathematische Instrumente, analoge und digitale Computer, Chiffriergeräte, eine Logikmaschine und einen lebensgroßen Trompeter-Automaten aus dem Jahr 1810. Die Abteilung enthielt 700 Objekte und belegte gut 1.000 Quadratmeter; konzipiert hatte sie der Münchner Computerpionier Friedrich L. Bauer. 1989 kam noch eine kleine Fläche zur Mikroelektronik hinzu.

Bis zur Eröffnung des HNF im Oktober 1996 war Bauers Schöpfung die wissenschaftlich beste Informatik-Schau der Welt. Das beweist auch der Ausstellungsführer, den man nach Anmeldung im Internet Archive lesen kann. Die Menge der Exponate und Informationen überwältigte aber viele Besucher, die schnell an den Vitrinen vorbei liefen. Auch die Lage im dritten Stock des Museums reduzierte den Andrang. Die Abteilung schloss 2022 im Zuge der Umgestaltung des Hauses, im Netz überlebten ein längerer YouTube-Rundgang und eine virtuelle Tour.

Heute verteilen sich die Informatik und die Automatik auf verschiedene Plätze. Kurz hinter dem neu gestalteten Eingang des Museums liegt der Raum der Roboter; Kurator Dr. Frank Dittmann arbeitete einst im HNF. Auf Ebene 2 befindet sich eine exzellente Ausstellung von Chiffriertechnik; die Elektronik- und die Mathematik-Abteilungen auf derselben Ebene zeigen auch einige Objekte zur Computergeschichte. Der Trompeter-Automat landete auf der ersten Etage bei der Musik. Nicht vergessen wollen wir die Zweigstelle des Deutschen Museums in Bonn, die sich auf eine Mission KI begab.

Die Pantografen aus dem Raum Mathematik gab es ähnlich schon 1925 (Foto Deutsches Museum, München | Reinhard Krause und Hubert Czech)

Nach der Einweihung des Hauptgebäudes breitete sich das Museum über seine Insel aus, 1932 kam das Bibliotheksgebäude hinzu, 1935 folgte der Kongress-Saal und 1938 die Autohalle, 1984 wurde die Luftfahrthalle fertig. Neben der Bonner Filiale gehören zu ihm die Flugwerft in Oberschleißheim, das Zukunftsmuseum in Nürnberg und das Verkehrszentrum auf dem alten Münchner Messegelände. Einen Museumsschatz besonderer Art verwahrt das Archiv, nämlich den wissenschaftlichen Nachlass von Konrad Zuse.

Das Deutsche Museum hat auch ein Forschungsinstitut; dieses untersuchte unter anderem die Geschichte der KI in der Bundesrepublik. Das ist noch ein Filmdokument von 1932 über „The World’s Most Fascinating Museum“; es spricht der amerikanische Museologe Charles Richards. Zur 100-Jahr-Feier steht hier etwas, am Samstag und Sonntag findet ein großes Publikumsfest statt. Den Kollegen und Kolleginnen auf der Museumsinsel gratulieren wir herzlich zum Jubiläum, und wir wünschen alles Gute für die nächsten einhundert Jahre.

Eingangsbild Copyright Alexander Goettert | Deutsches Museum

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