50 Jahre „Westworld“

Geschrieben am 18.08.2023 von

Der Amerikaner Michael Crichton (1942–2008) war ein Meister der gehobenen Science-Fiction; sein Roman „DinoPark“ aus dem Jahr 1990 führte zur höchst erfolgreichen Jurassic-Park-Filmserie. Crichton drehte auch selbst Kinofilme; der erste mit dem Titel „Westworld“ erlebte am 17. August 1973 seine Premiere in den USA. Er betrachtete das Thema der Roboter-Rebellion aus einem ganz neuen Blickwinkel.

Im Science-Fiction-Kino treffen wir zwei Typen von Robotern. Der erste ist aus Metall oder Plastik und bewegt sich recht mechanisch, man denke an R2-D2 oder C-3PO im „Krieg der Sterne“. Der zweite sieht aus wie ein Mensch und wird auch von einem Menschen gespielt. In diese Gruppe fallen Lieutenant Commander.Data vom Raumschiff Enterprise, der böse Terminator T-800 oder der nette Tom aus dem deutschen Film „Ich bin dein Mensch“.

Roboter, die eigentlich Menschen sind, haben stets ein Glaubwürdigkeitsproblem. Es gibt aber einen Streifen, der das Beste aus der Situation macht und zu einem Meilenstein des Technikkinos wurde – Westworld. Er lief am 17. August 1973 in den Vereinigten Staaten an; in der Bundesrepublik startete er am 24. Januar 1974. Das Drehbuch stammt von Michael Crichton, der auch Regie führte. „Westworld“ war sein erster Kinofilm, ein Jahr vorher drehte er schon eine Fernseh-Produktion.

Michael Crichton  (Foto Jon Chase/Harvard News Office CC BY 3.0 seitlich beschnitten)

Crichton wurde am 23. Oktober 1942 als Sohn eines Journalisten in Chicago geboren und wuchs auf der Insel Long Island in der Nähe von New York auf. Er studierte Literatur, Anthropologie und Medizin an der Harvard-Universität. Ab 1965 schrieb er Bücher unter Pseudonym; 1969 erschien unter seinem wirklichen Namen der Roman Andromeda; er schilderte den Kampf gegen einen außerirdischen Mikroorganismus und war sein erster Bestseller. Der zweite Michael-Crichton-Roman The Terminal Man – bei uns hieß er „Endstation“ – behandelte die medizinische Informatik.

In der Folgezeit schuf er ein eindrucksvolles Oeuvre, das dreißig Romane, fünf Sachtitel, zehn Drehbücher und acht Regiearbeiten umfasst; bei fünf Filmen und einer TV-Serie wirkte er als Produzent mit. Crichton verstand es hervorragend, aktuelle Wissenschaft und Technik für eine breite Leserschaft aufzubereiten. Das beste Beispiel ist sein Roman „DinoPark“ von 1990. Er bildete die Grundlage der Filme über den Jurassic Park, in dem Horden geklonter Dinosaurier leben.

Yul Brynner  (Foto Stevan Kragujević CC BY-SA 3.0 RS seitlich beschnitten und koloriert)

Ein anderer Themenpark aus Michael Crichtons Werk heißt Delos. Er ist der Schauplatz des Films „Westworld“ und wird von Robotern bewohnt; sie verkörpern Menschen aus dem alten Rom, dem Mittelalter und dem Wilden Westen. Die Besucher können mit ihnen sprechen, mit ihnen flirten oder eine Prügelei beginnen. Im Wildwest-Teil des Parks können sie die Roboter auch erschießen. Die Revolver sind echt, und jeden Abend werden die lädierten Kunstmenschen eingesammelt und  repariert. Den Besuchern passiert nichts; die Waffen registrieren die Körpertemperatur und feuern nur auf unbelebte Ziele.

Der Film schildert die Abenteuer zweier junger Männer, Peter Martin und John Blane, in der „Western World“ von Delos; gespielt werden sie von Richard Benjamin und James Brolin. Sie geraten an einen namenlosen robotischen Revolverhelden, dessen schwarzer Hut Böses ahnen lässt. Ihn spielt der 1920 geborene Yul Brynner; der Auftritt erinnert an seine Rolle im Western „Die glorreichen Sieben“ von 1960. In Michael Crichtons Film kommt es zu zwei Schießereien zwischen Peter Martin und dem Revolvermann, die ihn jeweils kurze Zeit lahmlegen.

Richard Benjamin (links) und James Brolin in den frühen 1970er-Jahren

Dann nimmt die Story Fahrt auf. Durch technische Störungen werden die Roboter aggressiv, außerdem versagen die Sicherungen ihrer Waffen. Bei der nächsten Schießerei tötet der Revolverheld den nichts ahnenden John Blane, sein Freund Peter Martin kann fliehen. Das letzte Drittel des Films schildert die Verfolgungsjagd des bösen Roboters, der gute Besucher überlebt natürlich. Wer sich für die Details interessiert, findet „Westworld“ in voller Länge im Internet Archive. Eine Nacherzählung steht im Magazin Famous Monsters of Filmland.

Unser Film spielt in der nahen Zukunft, und Delos hat eine Computerzentrale mit Monitoren und Bandlaufwerken. Eine echte Innovation ist das Bild, das sich der Yul-Brynner-Roboter von seiner Umgebung macht; der Zuschauer sieht es ebenfalls. Es besitzt eine Blöckchen-Struktur und wirkt wie ein vergrößertes digitales Video. Tatsächlich ging Michael Crichtons technischer Berater John Whitney junior, ein Sohn des Animations-Pioniers, einen anderen Weg: Er „pixelierte“ analoge Filmaufnahmen.

Western mit Robotern gab es schon 1935. Das Foto stammt aus der Filmserie „The Phantom Empire“ mit dem singenden Cowboy Gene Autry.  (Foto Dave Pattern CC BY-NC-SA 2.0)

Mehr zu der Entstehung und der Computertechnik von „Westworld“ bringen zwei Artikel von 1973 und 2018; weitere Einzelheiten stehen auf der offiziellen Michael-Crichton-Seite und in diesem Text von ihm aus dem Oktober 1973. Auf YouTube entdeckten wir ein Making of zum Film mit Aufnahmen des jungen Autors. „Westworld“ führte zu einer Fortsetzung namens Futureworld, einer kürzeren und einer längeren Fernsehserie – unser Eingangsbild zeigt daraus die Ranch – sowie einem Computerspiel.

Das Roboter-Thema griff Crichton 1984 noch einmal im Film Runaway auf. Mit Computern und virtueller Realität befasste er sich im Roman Enthüllung von 1994; im gleichen Jahr  produzierte er dazu die Kinofassung. Michael Crichton erlag am 4. November 2008 in Los Angeles einem Krebsleiden. Roboter-Darsteller Yul Brynner kehrte 1975 ins Science-Fiction-Genre zurück. Im dystopischen Streifen „New York antwortet nicht mehr“ spielte er einen geheimnisvollen Kämpfer. Er starb 1985 in eben dieser Stadt.

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Wir stellen diese Frage, um Menschen von Robotern zu unterscheiden.