Diskret – Schreibmaschine zum Chiffrieren

Geschrieben am 12.03.2024 von

Am Ende des 19. Jahrhunderts erschienen die ersten Patente für Chiffriergeräte und für Schreibmaschinen mit einer Chiffrierfunktion. Eine solche Maschine war auch die Diskret. Sie entstand ab 1899 in Berlin und in Karlsruhe; ihr Erfinder Richard Beger fertigte Gläser und Metallwaren in Deuben in der Nähe von Dresden. Viel mehr ist nicht zu ihm bekannt.

Südwestlich von Dresden in Richtung Tharand liegt die Kleinstadt Deuben. Dort saß in den 1890er-Jahren die Firma Beger & Markworth; sie stellte Gläser für Bonbons und andere Waren sowie Blechverpackungen her. Einer der Inhaber könnte Carl Markworth aus Plauen gewesen sein; er erhielt 1889 ein Patent für Büchsen-, Gläser- und Flaschenverschlüsse in der Schweiz. Auch den Namen Beger kennen wir nur aus der Patentliteratur; hinter ihm steckte ein Mann namens Richard Beger.

Die „Volks-Schreibmaschine“ nach der Patentzeichnung: 1898 kostete sie 32 Mark.

Am 7. August 1897 meldete jene Firma ein Patent für eine Typenradschreibmaschine an; am 23. Dezember 1898 wurde es mit der Nummer 100.531 gewährt. Es betraf ein Schreibgerät einfachster Bauart; auf einer kreisförmigen Skala wählte man mit einer Kurbel ein Zeichen aus, das das Typenrad unterhalb der Skala zu Papier brachte. Solche Maschinen erwähnten wir schon im Blog. Neben dem deutschen Patent gab es eines aus England mit der Nummer 21.828 und ein weiteres aus der Schweiz. Es trug die Zahl 17.098 und nannte als Urheber den zitierten Richard Beger.

Der fand auch einen Hersteller für sein Gerät. 1898 bot es Fritz Rehmann in Karlsruhe als „Volks-Schreibmaschine“ an, andere Quellen nennen eine Firma in Frankfurt am Main. Im gleichen Jahr reichte Beger in den Patentämtern von Wien und Paris die nächste Erfindung ein. Greifbar ist nur das amerikanische Patent von 1902. Die Type-Writing Machine basierte auf der Volks-Schreibmaschine und hatte zwei Scheiben mit identischen Skalen. Die größere war mit dem Schlitten, der das Typenrad trug, fest verbunden. Die kleinere Scheibe im Inneren ließ sich drehen und mit einer Klemmschaube fixieren.

Die amerikanische Patentgrafik der Chiffrier-Schreibmaschine von Richard Beger

Die Konstruktion war eine mechanische Umsetzung der klassischen Chiffrierscheibe. Hier verschiebt man zwei Ringe mit Alphabeten gegeneinander; auf dem einen Ring sucht man die Buchstaben des Klartextes auf, der andere zeigt die Lettern der Geheimbotschaft. Der Empfänger der Botschaft, der die Einstellung der Ringe vorher erfährt, kehrt die Zuordnung einfach um. Die kryptologische Sicherheit der Methode ist gering; die unterschiedlichen Buchstaben-Häufigkeiten im Geheimtext liefern schnell die Details der Verschlüsselung.

Das hielt die Giernat & Schröter GmbH in Berlin nicht davon ab, Richard Begers Konzept in eine Apparatur umzusetzen. Sie erhielt den Namen „Discret“. Als zweiter Produzent wird die Firma von Fritz Rehmann genannt; sie soll die Bezeichnung „Diskret“ verwendet haben. Der Nutzer der Maschine brachte die Innenscheibe auf eine bestimmte Position und ging dann Schritt für Schritt seinen Klartext durch. Bei jedem Buchstaben setzte er die Kurbel auf das Gegenstück in der inneren Scheibe und betätigte die Druckvorrichtung. Gedruckt wurde aber jeweils der benachbarte Buchstabe der äußeren Skala.

Die Skalen im US-Patent 695.999 unterschieden sich etwas von der deutschen „Diskret“. Im gezeigten Beispiel wird das große H gedruckt.

Wegen der verschobenen inneren Skala brachte die Maschine die chiffrierten Zeichen zu Papier. Der Empfänger drehte auf seiner Maschine die Scheibe so, dass die Einstellung des Senders rückgängig gemacht wurde. Wenn er nun die chiffrierten Nachricht eingab, druckte die Maschine den Klartext. Das einzige Mittel gegen die kryptologische Schwäche war ein Wechsel der Verschlüsselung. Sender und Empfänger musste also nach wenigen Zeilen die Innenscheibe neu fixieren, Richard Beger deutete es im amerikanischen Patent an.

Eine Beschreibung der „Discret“ bringt ein Büromaschinen-Buch aus dem Jahr 1900, das man problemlos im Internet Archive lesen kann. Damals kostete die Maschine 75 Mark, heute ist sie ein gesuchtes Sammlerstück. Das Exemplar des HNF steht in der Kryptologie-Abteilung im ersten Obergeschoss; die Vitrine ist am Ende des Ganges auf der rechten Seite unten. Wir möchten die Frage offen lassen, ob die Discret/Diskret schon eine echte Chiffriermaschine war – mit der Betonung auf „-maschine“ – und nicht bloß ein Schreibgerät mit variabler Skala. Sie wies jedenfalls in die Geheimdienstwelt des 20. Jahrhunderts.

Das Klemmrädchen über dem Buchstaben o ermöglichte ein Neujustieren der Skala.

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