Elektronik vom Weihnachtsmann
Geschrieben am 17.12.2024 von HNF
Es ist wieder so weit: In einer Woche feiern wir Heiligabend, singen Weihnachtslieder und packen Geschenke aus. Heute wollen wir die Uhr noch einmal 44 Jahre zurück drehen und nachsehen, was 1980 in Sachen Technik unterm Christbaum lag. Dabei stützen wir uns auf einen Fernsehbericht des WDR über „Das Spielzeug, das aus der Zukunft kommt“.
1980 war kein leichtes Jahr. Der Kalte Krieg wurde kälter und die Wirtschaft steckte fest. Im Dezember gab es aber Weihnachten wie eh und je und das passende Fernsehprogramm. Schon vorher strahlte der WDR eine thematisch verwandte Sendung aus. Sie hieß Elektronik unterm Weihnachtsbaum, dauerte eine knappe Dreiviertelstunde und behandelte „Das Spielzeug, das aus der Zukunft kommt“.
Die Macher waren die WDR-Wissenschaftsredakteure Alexander von Cube und Jean Pütz; die Sendung wurde von der Firma Horten in Düsseldorf untergestützt. Jüngeren Lesern sei gesagt, dass sie einst eine der größten Warenhausketten der Bundesrepublik betrieb. Ab den späten 1970er-Jahren engagierte sie sich bei den neuen kleinen Schachcomputern und beherrschte kurzfristig die Hälfte des Marktes. Im WDR-Bericht treffen wir unter anderem Hans Gabler, den Chefeinkäufer für Spielwaren der Horten AG.
Wir dürfen annehmen, dass Gabler auch die Schachautomaten zur Verfügung stellte, die im Film erschienen. Zu Beginn sehen wir den Quiz-Roboter 2-XL der Mego Corporation, danach folgen Alexander von Cube mit dem sprechenden Voice Sensory Chess Challenger der US-Firma Fidelity. Er enthielt einen Zilog-Z80-Prozessor und speicherte 64 Schacheröffnungen. Zur Frühgeschichte der Schach spielenden Computer verweisen wir auf unseren Blogbeitrag aus dem Jahr 2018.
1980 ließ der WDR den Blitzschach-Meister Karl-Heinz Podzielny simultan gegen zehn Schachcomputer spielen. Podzielny schlug acht, erzielte ein Remis und unterlag nur dem Sargon 2.5. Er besiegte ihn anschließend in einer Partie Blindschach. Alexander von Cube interviewte dann den Schachjournalisten und Fernschach-Crack Manfred Mädler. Er nahm eine stete Steigerung der maschinellen Spielstärke an, glaubte aber, dass eine Maschine nie den Menschen ersetzen würde. Das war ein Irrtum, denn 1997 triumphierte der IBM-Rechner Deep Blue über Weltmeister Garri Kasparow.
Die Sendung widmete sich ebenso dem Skat Champion. Er stammte von dem in Hongkong ansässigen Schachcomputer-Hersteller Novag und dürfte das einzige Gerät für Skat gewesen sein, das je entwickelt wurde. Als Interviewpartner gewann Alexander von Cube den Präsidenten des Deutschen Skatverbandes Hermann Münnich, der Sympathien für den Champion äußerte. Ein kritisches Urteil fällte 1980 der SPIEGEL; man kann es hier und hier nachlesen. Heute existieren natürlich Skatprogramme für PCs und Smartphones.
Bei der Software zeigte „Elektronik unterm Weihnachtsbaum“ nur zwei Videos zur Konsole der Kölner Firma Interton – bitte zu Minute 8:52 des TV-Berichts gehen – und ein auf Papier ausgedrucktes Programm des Bohnenspiels Kalaha. Das WDR-Team konzentrierte sich auf in Hardware gegossene Games, die zumeist der japanische Fabrikant Tomy lieferte, sowie auf automatische Autos und kleine und große Synthesizer. Am Schluss überraschte es die Zuschauer noch mit einem Astrologie-Computer des US-Herstellers Coleco.
Das Spielzeug, das 1980 aus der Zukunft kam, veraltete schnell. 1981 waren bei uns der Volkscomputer von Commodore, die kleinen Rechner von Clive Sinclair und viele digitale Spielkonsolen erhältlich; das Jahr 1983 brachte die Computer-Weihnacht. Sie veränderte die Kinder- und Jugendzimmer für immer. Im übrigen kann auch ein analoges Schachspiel mit Figuren zum Anfassen Freude machen.