
Radios am Rhein
Geschrieben am 19.08.2025 von HNF
Die ersten sechzehn Funkausstellungen fanden von 1924 bis 1939 in Berlin statt. Nach dem Krieg ging es in Düsseldorf weiter. Vom 18. bis zum 27. August 1950 zeigten 234 Firmen auf der „Deutschen Funk-Ausstellung“ das Allerneueste aus der Radio- und der Tontechnik. Im Mittelpunkt standen Empfänger für UKW-Sendungen. Daneben gab es eine Sonderschau zur Technikgeschichte.
„So war es früher, und so ist es heute… Luxusmusiktruhen, Spitzensuper, UKW-Empfänger und viele andere Neuheiten beweisen, dass wieder ein internationaler Leistungsstandard erreicht wurde… Der Empfänger in der Nachttischlampe… Ein besonderer Schlager der Ausstellung: die Musikbibliothek – drei Stunden Musik in der Schallbandkassette.“
Willkommen auf der Deutschen Funk-Ausstellung, der siebzehnten seit der Premiere im Dezember 1924. Die Wochenschau führt aber nicht nach Berlin, sondern nach Düsseldorf; hier öffnete die Veranstaltung nach elf Jahren Pause am 18. August 1950 ihre Pforten und schloss sie wieder am 27. August. Der Ort war die alte Messe nördlich der Düsseldorfer Altstadt; sie umfasste den Kunstpalast und die inzwischen verschwundenen Hallen in der Nachbarschaft. Die insgesamt 234 Stände wurden von fast 230.000 Menschen besucht.

Vorsatzgerät von der Firma Nordmende; mit ihm wurden 1950 ältere Radios UKW-tauglich. Der Kasten ist 27 Zentimeter breit.
Die Funkausstellung war genau das, denn Fernsehgeräte wurden keine gezeigt. Zu sehen und zu hören gab es Radioempfänger wie den von Wega mit einem magischen Auge im Eingangsbild. Die Besucher bestaunten mächtige Musiktruhen – die Wochenschau deutete es an – und Zubehör für den jüngst gestarteten UKW-Rundfunk. Er bildete die Antwort auf den 1948 verabschiedeten Kopenhagener Wellenplan, der West- und Ostdeutschland bei den Mittel- und Langwellen benachteiligte. Er galt seit dem März 1950.
Daneben präsentierte die Industrie Apparate zur Tonaufnahme und Tonwiedergabe. Von der AEG kam das Magnetophon AW2 mit kantigem Design; eleganter wirkte das Optaphon, ein frühes Kassettengerät. Die Deutsche Grammophon GmbH stellte auf der Funkausstellung die ersten Pressungen ihrer Langspielplatten vor. Die Wochenschau und der SPIEGEL feierten das neue Tefifon aus Porz bei Köln. Es benutzte ebenfalls ein Band, doch trug dieses Rillen wie eine Schallplatte; ein Tonabnehmer wandelte die Informationen meist in Musik um.

Das Optaphon des Berliner Herstellers Loewe Opta nahm mit einer Tonbandkassette auf. (Foto Loewe AG CC BY-SA 3.0 seitlich beschnitten)
Eine Recherche auf YouTube beweist, dass das Gerät viele Fans hatte und noch immer hat; so fanden wir drei Videos des 2019 verstorbenen Computerjournalisten Wolfgang Back. Heute ist es ein Fall für die Technikhistoriker; ein Tefifon liegt im 50er-Jahre-Museum in Datteln, ein anderes bei den Medienarchäologen der Berliner Humboldt-Universität, und das HNF besitzt zumindest eine Kassette. Wer den 75. Geburtstag stilvoll begehen möchte, kann zu diesem Tefifon-Band aus den frühen Fünfzigern das Tanzbein schwingen.
1950 widmete sich in Düsseldorf eine Halle dem Studiobetrieb; aus einem Konzertsaal wurde jeden Abend live gesendet. Halle 6 brachte eine Reise in die Vergangenheit mit Leihgaben des Deutschen Museums. Zu ihnen gehörten Empfänger von 1897 bis 1950, eine historische Verstärkerröhre und eine moderne 100-Kilowatt-Senderöhre, ein Nachbau des Phonographen von Thomas Edison und ein Stahldrahtgerät, wie es der dänische Physiker Valdemar Poulsen 1904 erfand, und last not least die Instrumente von Heinrich Hertz.

Tefifon-Abspielgerät aus der Enter Technikwelt in der Schweiz – der Tonabnehmer sitzt rechts an der Spule. (Foto Bobo11 CC BY-SA 3.0 seitlich berschnitten)
Einen Überblick über die ganze Ausstellung liefert das Magazin Radiotechnik, bitte rechts oben umblättern Ein Feeling für die Radiowelt von 1950 vermittelt die „Funkschau“; lesen kann man sie hier und hier. Eine weitere Wochenschau lässt sich hier aufrufen, los geht es bei Minute 6:30. Zu Beginn sehen wir den Radiopionier Hans Bredow – der Herr mit dem Schnurrbart – und Eberhard Beckmann, Intendant des Hessischen Rundfunks. Die beiden traten schon in der ersten Wochenschau auf. Unbedingt die Mobiltelefone beachten!
Nach 1950 fand die Funkausstellung noch dreimal, 1953, 1955 und 1970, am Rhein statt. 1957 und 1959 diente Frankfurt am Main als Schauplatz, 1965 und 1969 war es Stuttgart. 1961, 1963, 1967 und ab 1971 wurde in Berlin ausgestellt, seit 2006 jährlich. Die nächste Internationale Funkausstellung startet in Kürze, sie läuft vom 5. bis zum 9. September 2025. Heute reichen fünf Tage für die große Schau, 1950 benötigte man zehn. Vor 75 Jahren gab es statt Smartphones eben echte technische Sensationen.