SIM oder eSIM, das ist hier die Frage
Geschrieben am 21.01.2022 von HNF
Das Kürzel SIM steht für Subscriber Identity Module, was Teilnehmer-Identitätsmodul heißt. Das SIM steckt in der gleichnamigen Karte; sie befindet sich in Mobiltelefonen und Smartphones und ermöglicht die Nutzung der Geräte. Erfunden wurde das SIM 1991 in Deutschland. Seit sieben Jahren geht es aber dem Ende entgegen; der Nachfolger ist das eingebaute oder einprogrammierte eSIM.
Die Chipkarte haben wir im Blog schon behandelt. Ihre Urform erdachte in den 1960er-Jahren der Raketenforscher Helmut Gröttrup. Später leitete er in München die Gesellschaft für Automation und Organisation GAO. Die Firma wurde vom traditionsreichen Banknoten-Druckhaus Giesecke+Devrient übernommen; sie bildete dann den High-Tech-Bereich des Münchner Unternehmens. Dort fand die Geburt des SIM statt, ausgeschrieben Subscriber Identity Module oder auf Deutsch Teilnehmer-Identitätsmodul.
Das SIM ist ein Mikroprozessor mit Speicher. Es sitzt in einem Rahmen, der SIM-Karte, die ins Handy oder Smartphone geschoben wird. Der Chip speichert die Daten des Nutzers; nach Einführen des SIM kann er telefonieren oder ins Internet gehen. Die ersten 300 SIM-Karten lieferte Giesecke+Devrient 1991 an das finnische Kommunikationsunternehmen Radiolinja. Am 27. März 1991 fand in Helsinki ein Testanruf statt; das Foto in diesem Artikel zeigt ein weiteres Telefonat am selben Tag. Am 1. Juli 1991 wurde das Radiolinja-Netz, wie im Video zu sehen, durch Premierminister Harri Holkeri eingeweiht.
Ein Vorläufer des SIM war die 1988 von der Bundespost eingeführte TeleKarte. Sie enthielt einen Magnetstreifen fürs Kartentelefon und einen Mikrochip. Mit ihm kam man ins analoge C-Netz hinein. Auch die SIM-Karten der 1992 gestarteten D-Netze besaßen Scheckkarten-Format. Damals waren die Handys so breit, dass man sie von unten in das Gerät schieben konnte. 1993 gab es aber das „Plug-In-SIM“ mit den Maßen 2,5 mal 1,5 Zentimetern. Für die aktuellen Größen von Full Size bis Nano verweisen wir auf diese Liste.
Mittlerweile stecken SIMs nicht nur in Handys und in Smartphones, sondern ebenso in den Smartwatches. Ihre Entwicklungsgeschichte haben wir 2015 im Blog erläutert. Bei den intelligenten Armbanduhren erreichte die SIM-Technik aber einen Endpunkt. Das sieht man vor allem am kniffligen Einführen der winzigen elektronischen Bauteile. Als Fortsetzung des Einschieb-Moduls steht aber das „embedded SIM“ oder eSIM bereit. Das ist ein fest eingebauter Mikrochip oder eine Software für den bereits vorhandenen Prozessor.
Am 8. Oktober 2015 brachte der Samsung-Konzern die Smartwatch Gear S2 auf den Markt; es gab sie im glatten Design-Stil sowie als Modell „classic“ mit rustikaler Verkleidung. Die Uhr war das erste elektronische Gerät mit einem eSIM. Die Bedienung war jedoch, wie ein Testbericht zeigt, eine Wissenschaft für sich. Wenig später erhielten auch Smartphones von Google und Apple ein eSIM. Ab Dezember 2017 wurden im Microsoft-Computer Surface Pro LTE die Teilnehmer-Identitätsmodule eingebaut.
„Langsamer Abschied von Plastik-SIM-Karte“ meldete Ende 2015 die Agentur AFP; am 16. März 2016 fand BILD ähnliche Worte. Am 8. Mai 2017 schloss sich die Computerwoche an. Drei Jahre später versah die WELT einen Artikel mit der Überschrift „Die Sim-Karte stirbt – und alle jubeln“. Am 5. Juli 2021 wusste die dpa, „Warum die SIM-Karte bald verschwinden wird“. Am 17. November fragte allerdings die Wirtschaftswoche ihre Leser: „Verschwindet jetzt endlich die Sim-Karte?“ Sie nannte auch einige Gründe für ihre Langlebigkeit.
Das SIM-Kärtchen bleibt uns wohl noch eine Weile erhalten, oder wie es der Deutschlandfunk im September 2021 mitteilte: „Bislang konnte sich der E-Sim-Standard gegenüber der physischen Sim-Karte noch nicht behaupten, da bisher nur die teuren Handys die E-Sim-Funktion unterstützen. Dem neuen Standard fehlt noch die große Marktdurchdringung.“ Probleme beim Ablösen eines Standards durch einen neuen sind Technikhistorikern nicht unbekannt. Lassen wir uns also überraschen, ob und wann das eSIM triumphiert.