Smaky aus der Schweiz
Geschrieben am 16.02.2024 von HNF
Bei den Eidgenossen liefen größere Computer wie die von Konrad Zuse gebaute Z4 und die ERMETH in der ETH Zürich. Außerdem entstanden die Logitech-Mäuse. In den 1970er-Jahren schuf der Informatiker Jean-Daniel Nicoud den Acht-Bit-Computer Smaky – das Wort steht für „smart keyboard“. Von 1978 bis 1998 wurden Smaky-Modelle in Belmont bei Lausanne in Serie gefertigt.
Seinen Urheber haben wir im Blog schon kurz erwähnt. Als Jean-Daniel Nicoud den ersten Mikrocomputer der Schweiz entwickelte, baute er dafür auch souris; so heißen die Mäuse – samt derer für Computer – auf Französisch. Das Maus-Modell P4 von 1979 vermarktete die neu gegründete Firma Logitech in den 1980er-Jahren. Mit ihm begann ihre Erfolgsgeschichte, die bis heute andauert.
Nicoud wurde am 31. August 1933 in Bonvillars geboren, einem Ort in der frankophonen Westschweiz am Neuenburgersee. Er studierte Physik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne und erwarb 1963 das Diplom. Er interessierte sich ebenso für die mobilen Roboter von Grey Walter und bastelte ein ähnliches Gerät. 1970 promovierte er im Fach Elektrotechnik. Seine Doktorarbeit behandelte Algorithmen zur Umwandlung von Dezimal- in Dualzahlen. Ab 1973 lehrte Nicoud als Professor an der Hochschule.
Sein Informatik-Labor beeindruckte Gordon Bell, den technischen Direktor des US-Herstellers DEC. 1974 konnte Jean-Daniel Nicoud einige Monate am Standort der Firma in Massachusetts verbringen. Dort kam er auf das Konzept das smarten Keyboards „Smaky“. Der Ausdruck bezeichnete ein intelligentes Terminal für Minicomputer, das eine Tastatur und einen daraufgesetzten Monitor umfasste. Nach den Prototypen Smaky 1 und 2 entstand der Smaky 4; von ihm wurden zwanzig Stück in der Schweiz gefertigt.
Sie enthielten alle den Mikroprozessor Intel 8080. 1977 folgte der sechzehn Kilo schwere Scrib für Journalisten. Er war der erste mit einiger Mühe tragbare Computer der Welt. 1978 erschien der Smaky 6, ein Acht-Bit-Computer mit einem Z80-Prozessor von Zilog. Er ist im Eingangsbild zu sehen. Der Arbeitsspeicher fasste 32 Kilobyte, der Monitor zeigte 256 mal 120 Pixel an. Das reichte für zwanzig Zeilen mit 64 Zeichen. Er bot Platz für zwei Disketten-Laufwerke oder eine Festplatte und ließ sich mit Geräten gleichen Typs vernetzen.
Gefertigt wurde der Rechner von der Firma Epsitec im Städtchen Belmont bei Lausanne. Das Unternehmen leitete die Mathematikerin Cathi Nicoud, die Gattin von Jean-Daniel Nicoud. Der Smaky 6 stellte eine echte Pionierleistung dar. Er war der Schweizer Mikrocomputer Nummer 1 und das vermutlich früheste Desktop-System aus Europa. 1981 brachte Epsitec eine portable Version heraus sowie den neuen Smaky 8. Er besaß einen Prozessor vom Typ Motorola 68000, der intern 32-Bit-Daten verarbeitete. Die gleichfalls mit ihm ausgestattete Apple Lisa kam erst zwei Jahre später.
Die Smaky-Modelle ab 1984 werden hier und auf Wikipedia behandelt. Das letzte, der Smaky 130, erreichte 1992 den Markt. Insgesamt entstanden gut viertausend Mikrorechner; die Hälfte von ihnen ging an Schulen. Die Firma Epsitec existiert noch, sie sitzt mittlerweile in Yverdon-le-Bains am Neuenburgersee und bietet Software an. Die beste Sammlung von Smaky-Hardware hat das Musée Bolo in Lausanne. Smaky-Schöpfer Jean-Daniel Nicoud können wir in einem Video aus dem Jahr 2019 erleben; das ist seine „oral history“.
Der zweitwichtigste Schweizer Kleincomputer nach dem Smaky war die Workstation Lilith. Von ihr wurden ab 1980 zwischen 120 und 300 Stück gebaut – die Überlieferung ist nicht einheitlich. Der Vater der Lilith, der Turing-Preisträger Niklaus Wirth, erfand außerdem die bekannte Programmiersprache Pascal. Ihn und sein Werk haben wir schon 2019 im Blog vorgestellt. Am gestrigen 15. Februar hätte Wirth – er starb am 1. Januar 2024 – seinen 90. Geburtstag gefeiert.
Grey Walter war Teilnehmer der grossen europäischen Computerkonferenz in Paris (1951), vgl.
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