Ein Bit ist genug

Geschrieben am 06.04.2021 von

Die 1980er-Jahre waren die goldene Ära der Computerkurse im Fernsehen. Den Anfang machte 1982 die BBC, 1984 entstand im NDR der Klein-Computer. 1985 sendete das Westdeutsche Fernsehen sechs Folgen unter dem Titel „Bit und Byte – Wir bauen einen Computer“. Heraus kam ein Kleinrechner mit einem Mikrochip der US-Firma Motorola. Er operierte nur mit 1-Bit-Daten.

Der WDR sitzt in Köln und ist der Heimatsender von Nordrhein-Westfalen. Er brachte den Bürgern schon früh die Informatik nahe: Anfang 1969 strahlte das dritte TV-Programm, auch bekannt als Westdeutsches Fernsehen oder WDF, den ersten deutschen Computerkurs aus. 1970 produzierte es zusammen mit anderen Sendern eine Einführung in die elektronische Datenverarbeitung. 1981 trat das WDF mit eff-eff ins Zeitalter des Kleincomputers ein.

1982 sendete die BBC The Computer Programme und lieferte gleich einen Rechner mit, den BBC Micro. Ein Jahr später startete im 3. Programm des WDR der legendäre Computerclub, zunächst innerhalb der Serie „know how – technik gewußt wie“. Er zeigte das Neueste auf dem Markt und aus der Szene. Ein anderes Format wählten 1984 die Kollegen vom NDR. Sie bauten in 26 Folgen den NDR-Klein-Computer, jeder Zuschauer konnte mitbauen. Der Kölner Sender hatte bis dahin nur den Know-how-Computer aus Papier entwickelt.

Der komplette WDR-1-Bit-Computer mit Tastaturplatine (Foto Kai Ludwig)

Das änderte sich am 14. August 1985 um 10.05 Uhr. Ab dieser Uhrzeit liefen im Westdeutschen Fernsehen sechs Teile einer neuen Serie im Paket. Sie trugen den Titel „Bit und Byte – Wir bauen einen Computer“. Jeder Teil dauerte eine knappe Viertelstunde und wurde in den folgenden Wochen noch einmal wiederholt. Im Mittelpunkt stand ein Gerät mit einem Mikroprozessor der amerikanischen Firma Motorola. Der MC14500B rechnete mit Null und Eins, also genau einem Bit. Jenes Gerät hieß dann auch WDR-1-Bit-Computer.

Die Geschichte des Computers begann schon in den frühen 1980er-Jahren. Die Physiklehrer Burkhard John und Volker Ludwig gaben damals Informatik-Kurse an der Volkshochschule Düsseldorf. Sie verwendeten Z80-Prozessoren von Zilog. Leider verstand nur ein Zehntel der Teilnehmer den Aufbau der so ausgerüsteten Rechner. Die Pädagogen suchten nach einem einfacheren Chip und fanden mit dem Motorola-Baustein ICU MC14500B einen passenden Prozessor. Die „Industrial Control Unit“ war für Anwendungen in der Industrie gedacht.

John und Ludwig bastelten um den MC14500B herum den Prototyp eines Rechners. Volker Ludwigs Sohn Kai fertigte den „1-Bit-Lerncomputer“ in Serie und verkaufte ihn als Bausatz für 150 DM. Im Dezember 1983 berichtete eine Tageszeitung, im Juni 1984 stellte ihn der Amateurfunkerverband DARC vor. Die 1-Bit-Architektur machte den Rechner nicht wertlos. Er beherrschte die Aussagenlogik, verstand 14 Befehle und las sie aus zwei Speicherchips für 256 Worte zu vier Bit. Damit ließen sich viele Steuerungsaufgaben erledigen.

Die CPU-Platine des Computers (Foto Kai Ludwig)

1984 ergab sich ein Kontakt zwischen Volker Ludwig und dem WDR-Redakteur Alexander Remmelmann. Der sah die Möglichkeit, den Lerncomputer ins Fernsehen zu bringen. Burkhard John und Volker Ludwig schrieben ein Drehbuch, es begannen Aufnahmen im TV-Studio und außerhalb. Am 14. August 1985 erlebten sechs Folgen „Bit und Byte“ ihre Premiere. Es war eine Familienserie im besten Sinne. Vor der Kamera saßen Volker Ludwigs Frau Ulrike und sein Sohn Kai, die gemeinsam den WDR-1-Bit-Rechner schufen.

Alle sechs Folgen sind online. An der ersten wirkte eine damals recht bekannte Firma mit. Wir erleben das Nixdorf-Werk Paderborn und besuchen später die Nixdorf-Ausstellung Der gläserne Computer. Die anschließenden Folgen behandelten das Zusammenlöten und Testen des Rechners. In Teil 5 ging es ans Programmieren, etwa von einer Alarmanlage. Am Schluss wurden diverse Anwendungen des WDR-1-Bit-Computers demonstriert, ein Aufzug, eine Motorsteuerung, ein automatischer Bohrer, ein Roboterarm und ein Plotter.

Die Hauptzielgruppe der Sendungen waren Schulklassen, die sich die sechs Folgen im Unterricht anschauten. Für erfolgreiche Absolventen entwarf die Abteilung Schulfernsehen des WDR einen „Computerschein“, den die Lehrer bestellen und verteilen konnten. Vertiefende Informationen zum Computer liefert heute die Internetseite von Kai Ludwig, die Fotos und Links zum Handbuch enthält. Wir bedanken uns herzlich bei ihm für die fachlichen Auskünfte und die Erlaubnis, seine Bilder im Blog benutzen zu können.

Mehr als 1.000 Bit fasste die Speicherplatine. (Foto Kai Ludwig)

Den Retro-Fans können wir zum Schluss noch eine WDR-Sendung empfehlen, die im Jahr 1989 ausgestrahlt wurde: „Electronic Games“. Sie führte in die Welt der Computerspiele. Die Rechner hatten richtige Tastaturen und riesige Monitore mit Braunschen Röhren. Teil 1 schilderte Markt und Macher, Teil 2 zeigte Spiele und Spieler. Darüber hinaus startete in den goldenen Achtzigern das WDR-Programm Highscore, das sich ebenfalls mit den Games befasste. Auf YouTube ist aber keine komplette Folge überliefert.

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