GRiD Compass – ein Computer zum Aufklappen

Geschrieben am 18.03.2022 von

Man kann sich streiten, ob er der erste Laptop war. Der kalifornische GRiD Compass gilt aber als der erste „Muschelschalen-Computer“. Der Monitor saß in der Abdeckung der Tastatur und wurde nach oben geklappt. Der Compass kam im April 1982 heraus und kostete 8.150 Dollar. Er war kein Verkaufserfolg, sein Design wies jedoch in die Zukunft.

John Ellenby wurde 1941 in Nordengland geboren und studierte Wirtschaftwissenschaften und Geographie in London. Später befasste er sich in der Firma Ferranti mit Minicomputern. In den 1970er-Jahren arbeitete er im Forschungszentrum PARC im Silicon Valley. Anfang 1979 gründete er die GRiD Systems Corporation; in der Folgezeit schlossen sich einige Kollegen an. Im August 1980 zog das Team von der Garage in ein Bürogebäude. Der Firmensitz war Mountain View; einige Jahre später wechselte man in die Stadt Fremont.

Bei diversen Inverstoren, darunter Computerpionier Gene Amdahl, sammelte John Ellenby dreizehn Millionen Dollar ein. Das reichte, um einen Rechner mit einem völlig neuen Design zu entwickeln. Zunächst hielt er alle Einzelheiten geheim, im März 1981 ging er an die Öffentlichkeit. Im August lagen zehn Prototypen vor, und am 5. April 1982 wurde der GRiD Compass 1101 enthüllt. Er passte in die Aktentasche und war der erste Computer vom Muschelschalen-Typ – in den USA und England sagt man „Clamshell“. Dabei dient der flache Bildschirm zugleich als Deckel für die Tastatur.

Bill Moggridge im Jahr 2010 (Foto mayonissen CC BY-SA 3.0 seitlich beschnitten)

In den frühen Achtzigern beherrschten Desktops den Markt der Mikros. Daneben gab es die Pocket Computer des japanischen Herstellers Sharp, den ebenfalls in Japan produzierten Epson HX-20 mit Vierzeilen-Display und den gewichtigen Portablen Osborne 1. Der GriD Compass wog nur vier Kilo und sah besser aus. Die Zeitschrift „Business Week“ nannte den pechschwarzen Rechner einen Porsche für Top-Manager. Dazu passte auch der Preis: 8.150 Dollar. Das Magazin „Fortune“ nahm ihn dennoch unter die Produkte des Jahres 1982 auf.

Der Computer brachte einen Mikroprozessor des Typs Intel 8086 und einen arithmetischen Koprozessor mit. Der Arbeitsspeicher fasste 256 Kilobyte und ließ sich auf 512 Kilobyte erweitern; zusätzlich besaß der Compass einen nicht-flüchtigen Magnetblasenspeicher für 384 Kilobyte. Der Elektrolumineszenz-Monitor zeigte 25 Zeilen an. Der Computer enthielt ein Modem; anschließbar waren ein Diskettenlaufwerk und eine Festplatte. Das Betriebssystem stammte von der Firma GRiD; mitgeliefert wurden Büroprogramme und die Sprache BASIC.

Das revolutionäre Äußere entwarf der Formgestalter Bill Moggridge. Er kam 1943 in London zur Welt und besuchte eine Kunsthochschule. Von 1965 bis 1969 arbeitete er in den USA; anschließend startete er in seiner Heimatstadt ein Design-Büro. 1979 entstand ein Ableger in Palo Alto, den Moggridge leitete; dadurch ergab sich der Kontakt zu GRiD. Daneben lehrte er an der Stanford-Universität. 1991 gehörte er zu den Gründern der Gestaltungsfirma IDEO. 2010 wurde Bill Moggridge Direktor eines Designmuseums in New York; zwei Jahre später erlag er in San Francisco einer tückischen Krankheit.

NASA-Astronaut John Creighton 1985 mit einem GRiD Compass II im Space Shuttle. Es ist wahrscheinlich der Computer aus unserem Eingangsbild.

Doch zurück zum GRiD Compass. Er war 1982 der teuerste persönliche Computer der Welt und verkaufte sich nur schleppend. 1983 erhielt er Konkurrenz in Gestalt des australischen Dulmont Magnum und des in den USA gebauten Gavilan SC. Er war nur halb so teuer, aber nicht so gut gestylt wie der Rechner von GRiD Systems. Das Unternehmen gewann vor allem staatliche Stellen als Abnehmer; im November 1983 flog der erste Compass in einem Space Shuttle mit. 1986 wurde ein Patent für ihn erteilt, und GRiD Systems kassierte von anderen „Clamshell“-Anbietern Lizenzgebühren.

1985 stellte die Firma den Nachfolger des GRiD Compass vor, den GRiDCASE. 1988 wurde sie von der Tandy Corporation übernommen, konnte aber noch einige Jahre weitermachen. 1989 erschien der Tablet-Computer GRiDPad; er wurde bis 1994 gefertigt. Der englische Zweig des Unternehmens erlebte 1995 als GRiD Defence Systems eine Wiederauferstehung. Hier sind noch GRiDCASE-Laptops erhältlich. Ein anderer GRiD-Abkömmling war 1996 der Palm Pilot – sein Urheber Jeff Hawkins hatte zuvor den GRiDPad entwickelt.

Die Frage, ob der GRiD Compass oder vielleicht der kleine Epson HX-20 der erste Laptop war, möchten wir offenlassen. Der Aufklapp-Computer schrieb jedenfalls Technikgeschichte. Im März 2006 fand im Computer History Museum ein Podiumsgespräch mit GRiD-Veteranen statt, die sich hier teilweise nachlesen lässt. GRiD-Gründer John Ellenby war nicht dabei; er starb 2016 in San Francisco. Unser Eingangsbild kommt vom National Air and Space Museum in Washington, es gehört zur Smithsonian Institution.

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2 Kommentare auf “GRiD Compass – ein Computer zum Aufklappen”

  1. Spannender Artikel! Ist etwas über Laptops / Tablets aus deutscher Produktion (Nixdorf, Siemens) bekannt? Und wurde der Grid Compass auch in Deutschland genutzt?

    1. HNF sagt:

      Hier haben wir ein wenig zu Nixdorf- und Siemens-Laptops: https://blog.hnf.de/auch-laptops-haben-klein-angefangen/

      Dass GriD eine Deutschlandvertretung hatte, ist uns nicht bekannt.

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