IBM und der Rest der Welt

Geschrieben am 02.12.2016 von

Vor 120 Jahren, am 3. Dezember 1896 gründete Herman Hollerith in Washington die Tabulating Machine Company. Sie baute die von Hollerith erfundenen Lochkarten-Systeme. Aus ihr entstand die IBM, lange Zeit der wichtigste Computerhersteller der Welt. Welche anderen Unternehmen aus der Anfangszeit der Datenverarbeitung haben bis heute überlebt, und was wurde aus frühen Mini- und Mikrocomputerfirmen?

2011 feierte eine große Computerfirma den 100. Geburtstag. Anlass war der runde Jahrestag einer Fusion: Am 16. Juni 1911 schlossen sich in den USA vier Büromaschinen-Hersteller zur Computing-Tabulating-Recording Company zusammen. Sitz der Gesellschaft war Endicott im Bundesstaat New York. Am 14. Februar 1924 änderte sie ihren Namen zu International Business Machines Corporation, kurz IBM, und so heißt sie heute noch.

Der wichtigste IBM-Vorläufer war die Tabulating Machine Company TMC. Sie wurde am 3. Dezember 1896 in der amerikanischen Hauptstadt Washington gegründet. Ihr Chef Herman Hollerith erfand die Lochkarte zur Speicherung von Daten, und wir haben ihn bereits im Blog kennengelernt. Seit nunmehr 120 Jahren gibt es also Unternehmen, die Hardware zur technischen Datenverarbeitung bauen. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren es mechanische und elektromechanische Geräte, danach folgten Anlagen mit digitaler Elektronik und Mikroelektronik.

In den 1960er-Jahren agierten in Amerika IBM und die sieben Zwerge. Die Zwerge waren die Mitbewerber Burroughs, Control Data, General Electric, Honeywell, NCR, RCA und Sperry Rand. Computerbauer fanden sich auch in England, Frankreich, Italien und der Bundesrepublik, man denke an Zuse, Siemens und Telefunken. Unterhalb der Großrechner tummelten sich in den USA die Mikrocomputer, etwa von DEC, und in deutschen Landen die Systeme der sogenannten Mittleren Datentechnik. Dazu fällt uns natürlich der Name Nixdorf ein.

In den Siebzigern brach die Ära der Mikrocomputer an und brachte neue Hersteller. Was aber bleibt 2016 von den Großen der Vergangenheit? Was wurde zum Beispiel aus den sieben Zwergen? Unter eigenem Namen überlebten General Electric, Honeywell und die NCR Corporation, doch bauen sie keine Computer mehr. Burroughs und Sperry fusionierten 1986 zu Unisys. Hier wird noch etwas Hardware gefertigt. Zu den Wurzeln von Unisys zählt die Waffenfabrik Remington, gegründet 1816.

Der nächste große Name unserer kleinen Umschau ist Hewlett-Packard. 1939 starteten Bill Hewlett und David Packard die Firma in einer Garage im kalifornischen Palo Alto. Nach dem Krieg stieg sie zu einem High-Tech-Haus der Sonderklasse auf. Sie fertigte auch Mini- und Mikrocomputer, berühmt wurden aber ihre Taschenrechner. 2002 übernahm Hewlett-Packard den Mikrocomputer-Hersteller Compaq, der zuvor DEC geschluckt hatte. 2015 erfolgte die Aufteilung in HP Inc. – hier kann man Computer und Drucker erwerben – und Hewlett Packard Enterprise.

Mit der 1982 gegründeten Firma Compaq sind wir bei den kleinen Systemen mit Mikroprozessoren. In diesem Marktsegment gibt es nur noch eine Traditionsmarke: Apple. Wie im Blog bereits berichtet, wurde das Unternehmen am 1. April 1976 im Silicon Valley geboren. Die Väter waren Steve Jobs, Steve Wozniak und Ronald Wayne, der es bald wieder verließ. Schaut man nur auf die Mikrochips ohne Computer drumherum, so kommen die Firmen Intel (*1968) und AMD (*1969) hinzu. Kurz erwähnen wollen wir Acer, deren Wurzeln bis 1976 zurückreichen.

Soweit die Neue Welt und Asien. Für Europa können wir drei große Namen nennen, die überlebten. Der erste ist der von Fredrik Rosing Bull. Der norwegische Lochkarten-Pionier starb 1925, nur 42 Jahre alt. Seine Patente wurden in Frankreich verwertet. Seit 1931 tragen französische IT-Unternehmen das Wort „Bull“. In den 1950er-Jahren lieferte Heinz Nixdorf Module mit Elektronenröhren an die Compagnie des Machines Bull. 2014 wurde die Groupe Bull von der Firma Atos übernommen, durfte aber den Traditionsnamen behalten. Sie fertigt Server, Speicher und Cluster.

Von Frankreich nach Italien: Hier baute die Firma Olivetti von den 1950er- bis in die 1990er-Jahre größere und kleinere Rechner. Die formschöne Programma 101 von 1965 zählte zu den frühesten Tischcomputern. 2003 wurde Olivetti ein Teil von Telecom Italia. Zwei Jahre später erlebte das Unternehmen eine Wiederauferstehung. Inzwischen verkauft es Informationstechnik in Gestalt von Smartphones und Tablets, dazu Rechenmaschinen, Whiteboards, Terminals und andere Spezialsysteme.

In Deutschland verschwand die Zuse KG schon 1969. Die Computerfertigung von Siemens ging einige Jahrzehnte weiter, schmolz dann aber auf die Medizintechnik zusammen. Die Reste von AEG-Telefunken liegen im Archiv des Deutschen Technikmuseums Berlin. Ein Name blieb – Nixdorf. Wir finden ihn heute bei der Firma Diebold Nixdorf, die unter anderem Bankautomaten baut. Ihre Geschichte ist komplex, wird aber in einer Broschüre in englischer Sprache erläutert, siehe Seite 6. Sie beginnt schon 1859, da war Herman Hollerith noch gar nicht auf der Welt.

Unser Eingangsbild zeigt eine Lochkarten-Tabelliermaschine IBM 450 (Foto: Jan Braun, HNF). Entwickelt wurde sie in den 1930er-Jahren von der deutschen IBM-Tochter DEHOMAG; damals hieß das Gerät noch D11. Nach dem 2. Weltkrieg nahm das Unternehmen den Namen IBM Deutschland GmbH an.

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5 Kommentare auf “IBM und der Rest der Welt”

  1. Was in dem Artikel leider nicht erwähnt wird, ist dass in der Anfangszeit auf IBM Lochkartenmachinen auch UFO Sichtungen festgehalten wurden (Project Bear). Wie sowas in der Praxis ausgesehen hat, kann man auf Videos sehen die unter dem Stichwort „Section 51“ im Internet abrufbar sind, https://www.youtube.com/watch?v=CB_vX2iCuz0 Leider ist es mir nicht gelungen näher zu recherchieren, welche IBM Modelle dabei verwendet wurden. Könntet ihr als Technikmuserum da vielleicht mal bei IBM anfrangen, ob die nähere Informationen haben?

    1. HNF sagt:

      Interessanter Hinweis! Vielen Dank! Wir behalten das mal im Hinterkopf und kommen sicher in einem späteren Blog darauf zurück.

  2. Es gibt nicht gerade viele Leute die von sich behaupten können, dass ihre Produkte auf dem Mars liegen. Aber IBM gehört dazu.
    (Paul Lasewicz, IBM archivist)

  3. Diebold Nixdorf CEO Andy Mattes kann zu seinen Vorgängern bei Diebold eine illustre Figur zählen: Eliot Ness, der in den 1940er Jahren als 26-Jähriger Prohibitions-Agent den sagenumwobenen Al Capone und seine Gang aus Chicago vertrieb. Kevin Kostner spielte Eliot Ness in dem Hollywood-Thriller „The Untouchables“. Sean Connary gewann einen Oscar.
    Bereits in den Jahren 1933/1934, als der „US-Staatsfeind No.1“ John Dillinger in großem Stil – à la Bonny & Clyde – ), Banken ausraubte wurde Diebold beauftragt, diverse Sicherheitsmaßnahmen wie das Versprühen von Tränengas in den Schalter- und Tresorräumen von Banken zu installieren.

  4. Q: What is an elephant ?
    A. a mouse with an IBM Operating System

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